Baggerbahn

»Welches Tier möchtest du am liebsten sein?« – »Kannst du blaue Vasen auch nicht ausstehen?« – »Hast du eigentlich einen Waffenschein?«  Nicht alle Themen sind knackig genug, um beim Speed-Dating binnen Sekunden einen tiefen Einblick in die Psyche des Gegenübers zu ermöglichen. Gute Themen können es trotzdem sein. Was gibt es über »Inside Llewyn Davis« zu erzählen, den neuen Film der Coen-Brüder? Ist Dan Browns neuer Roman wieder mal nicht lesenswert? Unheimlich viel über den Charakter einer Person sagt auch aus, ob sie Lotto spielt. Und wenn ja, aus welchen Gründen? Derlei komplexe Diskussionsthemen sind wie gemacht für den »Love Train«. Das tschechische Verkehrsunternehmen »Ropid« richtet zum Ende des Jahres Bahnabteile für Singles ein, um die Prager dazu zu bewegen, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Von der Genialität der Idee sind nicht alle überzeugt. Was tun, wenn ich zwar niemanden suche, aber in anderen Waggons kein Sitzplatz mehr frei ist? Fragen über Fragen.   oko
Therapietreffen
Man sammelte ein, was die Herrenwelt des amtlichen Rock abgestoßen hatte, und fand sich rund um das New Yorker Sidewalk Café zu einer Szene zusammen, die sich kurz nach der Jahrtausendwende scheppernd, nölend und respektlos zum nächsten großen Ding aufschwang. Antifolk kultivierte ein neues Außenseitertum, schloss den Geist von Folk mit dem Dilettantismus von Punk kurz. Etwas schräg und meist verballert, Schwäche zeigend. Dass es diese Szene schon 20 Jahre zuvor gegeben hatte – geschenkt. Ein paar Posterboys wurden fabriziert. Adam Green, Ben Kweller und wie sie alle heißen. Der Spirit des Antifolk bekommt mit The Uncluded ein Update: Kimya Dawson von den Moldy Peaches, einer Schlüsselband des Antifolk, hat sich mit Underground-HipHopper Aesop Rock zusammengetan. Wie das klingt? Naja, wie Moldy Peaches meets HipHop. Ob »Hokey Fright« sich an eine größere Hörerschaft wendet oder nur privates Dokument einer therapeutischen Zusammenarbeit ist, bleibt offen.   oko
Performancepleite
Nicht einmal der Klaus-Nomi-Verschnitt aus Rumänien konnte etwas daran ändern, dass es zur Quälerei wurde. Die Show hörte nicht auf. Am schlimmsten war die Bekanntgabe der Ergebnisse. 39 mal, weil 39 Länder, wurde irgendeine Fernsehperson hinzugeschaltet. Und immer das gleiche: »Spitzen Eurovision-Songcontest! Unsere Punkte gehen an … « – tja, fast an alle, nur nicht an Deutschland. »Aber man muss eben auch sehen, da stand nicht nur Cascada, sondern da stand auch Deutschland auf der Bühne«, sagte Thomas Schreiber, ARD-Unterhaltungskoordinator. Mit anderen Worten: Weil Merkel so fies zu den Nachbarn und deshalb Deutschland total unbeliebt ist, hat’s jetzt mal eine Quittung gegeben. Soll das heißen, Cascada hätte gewonnen, wenn Merkel immer lieb gewesen wäre? Fehleinschätzung. Cascada ist echt grauenhaft. Ein unterirdischer Song, ein mieser Auftritt. Nach eingehender Analyse können wir mit Sicherheit sagen: Hey, Cascada, das hätte selbst unser Lektorat besser hinbekommen!   oko
Diskursdschungel
Kaum ist man über den Ökokitsch von »Avatar« hinweg, wird dem Wald erneut Leben eingehaucht. In der beseelten Natur von »Epic – verborgenes Königreich« wird ein Mädchen auf die Größe winziger Krieger zurechtgeschrumpft und verteidigt die Buntheit der Flora gegen die bösen grauen Widersacher. Die nämlich wollen den Wald zu einer verdorrten Black-Metal-Landschaft machen. Aber sind sie deshalb wirklich ausschließlich böse? Sind sie in ihrer Kellerasseligkeit nicht auch nützlich? Epic – ganz klar ein Film für die großen nachdenklichen Geister unter den Ökokämpfern.   oko