Brautmodenschau

Beate Zschäpe trug einen »Blazer«. Das in praktisch allen Medien verbreitete Erstaunen über dieses von der Angeklagten im NSU-Prozess getragene Kleidungsstück zeigte vor allem eines: Fotos von Massenversammlungen oder auch nur normalen Straßenszenen aus dem »Dritten Reich« hat anscheinend keiner der jeweiligen Blazer-Berichte-Verfasser jemals bewusst zu Gesicht bekommen, denn sonst wäre die Überraschung darüber, dass Nazis nicht etwa grundsätzlich Glatzen und Bomberjacken tragen, sondern eigentlich immer schon vollkommen unauffällig und bürgerlich ausgesehen haben, nicht derart groß gewesen, dass der blöde Blazer in jedem einzelnen Bericht erwähnt werden musste.
Dass auch Frauen Nazis sein können, war ebenfalls bis dato unbekannt (»Nazi« ist dem Duden zufolge die männliche Form), weswegen man sich medial darauf geeinigt hat, dass Zschäpe ja eigentlich bloß so etwas wie eine angeheiratete Faschistin gewesen sein kann. Hier eine Auswahl: »Kinderpornos auf dem Computer der Nazibraut« (Bild, 12. Februar), »Die Nazi-Braut: Beate Zschäpe« (Doku, ZDF, 6. März), »Nette Hausfrau, kaltblütige Nazi-Braut: Beate Zschäpe« (n-tv, 5. Mai), »Das sind die Verteidiger von Nazi-Braut Zschäpe« (Bild, 6. Mai), »So wird Nazi-Braut Beate Zschäpe der Prozess gemacht« (Hamburger Morgenpost, 6. Mai), »Besser: Die Nazibraut im weißen Blazer« (Taz, 6. Mai), »Beate Zschäpe: Der eiskalte Auftritt der Nazi-Braut« (tz, 7. Mai), »NSU-Prozess: Die Show der unverschämten Nazi-Braut« (Welt, 7. Mai), »Kachelmann und die ›Nazi-Braut‹« (meedia.de, 8. Mai), »Nazi-Braut sagt nicht einmal ihren Namen« (Bild-Ticker, 14. Mai), »Türkische Medien: Nazi-Braut will Lach-Verbot« (Thüringische Allgemeine et al., 16. Mai). Bleibt nur noch das gespannte Warten auf die Schlagzeile »Nazi-Braut im weißen Mini«.