Korruptionsvorwürfe gegen Sarkozys Innenminister in Frankreich

Die Kunst der faulen Ausrede

Ein ehemaliger Innenminister des früheren französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy steht unter Verdacht, Geldwäsche betrieben zu haben. Es geht um die mutmaßlich ­illegale Finanzierung von Sarkozys Wahlkampf.

Je fauler die Ausrede, desto besser die Chancen, damit durchzukommen. Dies schien jedenfalls bis vor kurzem der frühere Innenminister und ehemalige Berater des französischen Präsidenten zu glauben. Doch Claude Guéants Versuche, den Verdacht abzuschütteln, Geld von Diktatoren angenommen und damit französische Politiker ­finanziert zu haben, scheitern zurzeit.
Gegen den einstigen »Mann fürs Grobe« unter Nicolas Sarkozy wird wegen des Verdachts auf Geldwäsche und illegale Parteienfinanzierung ermittelt. Wie die Wochenzeitung Le Canard enchaîné am 30. April berichtete, beschäftigt die Untersuchungsrichter derzeit vor allem eine Barüberweisung in Höhe von 500 000 Euro auf Guéants Privatkonto. Hinweise auf diese Überweisung wurden bei einer Hausdurchsuchung entdeckt.

Die erste Reaktion Guéants am Vorabend des 1. Mai lautete: »Ich habe niemals Geldwäsche betrieben. Denn ich weiß überhaupt nicht, wie man so etwas macht.« Die Behauptung schien nicht besonders glaubwürdig. Guéant war 2011 und 2012 Innenminister unter Sarkozy, und als solcher hätte er sein Aufgabenprofil gründlich verfehlt, hätte er keine Ahnung von Geldwäsche. Die dem Innenminister unterstellte Polizei zählt schließlich zu ihren Aufgaben die Bekämpfung organisierter Kriminalität und just solcher Finanzdelikte.
Es folgten zwei weitere Erklärungsversuche Guéants. Zuerst behauptete er, Bilder aus seiner Kunstsammlung verkauft zu haben. Im Jahr 2008 habe er zwei Gemälde des flämischen Künstlers Andries van Eertvelt verkauft, und zwar an einen »malaysischen Anwaltskollegen, der auch Kunstliebhaber ist«. Denn die fragliche Überweisung stammte nachweislich aus Malaysia. Diese Antwort warf mindestens zwei Probleme auf. Kunstexperten schätzten, dass Bilder dieses Landschaftsmalers in der angegebenen Größe – 30 mal 60 Zentimeter – höchstens 20 000 Euro einbringen. Ferner gaben die Behörden bekannt, Guéant habe nie eine für den Export von Kunstwerken erforderliche Ausfuhrgenehmigung angefordert.
Kurz darauf musste Guéant auf die Frage antworten, wieso er nachweislich viele, auch größere Einkäufe in bar getätigt hatte. Es habe sich um spezielle Fonds gehandelt, die den Innenministern frei nach politischem Belieben zur Verfügung gestanden hätten, so Guéant. Le Canard enchaîne und Le Monde recherchierten nach. Solche Geheimfonds gab es früher tatsächlich, aus ihnen wurden die politisch genehmen Polizeigewerkschaften finanziert. Doch wurden sie 2002 unter Premierminister Lionel Jospin abgeschafft – zehn Jahre, bevor Guéant ins Amt kam.

Unterm Strich wird für viele Beobachter die Vermutung, Sarkozys Wahlkampf 2007 sei durch den früheren libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi mit 50 Millionen Euro unterstützt worden, dadurch noch ein Stück plausibler. Der in Strafverfahren wegen internationalen Waffenhandels verwickelte Geschäftsmann Ziad Takieddine behauptet dies seit Monaten öffentlich. Seit dem Jahr 2000 kam es zu einer Annäherung der französischen Rechten an das libysche Regime, das damals international isoliert war, bevor es Ende 2003 durch die US-amerikanische und britische Regierung politisch rehabilitiert wurde. Guéant war dabei eine Schlüsselfigur. Im Juli 2007 flog der frisch gewählte Präsident Sarkozy zusammen mit Guéant nach Tripolis. Dort verkaufte er Kampfflugzeuge und Atomkraftwerke an Gaddafi. Bis zum Ausbruch der Revolte Anfang 2011 blieb Gaddafi ein enger Verbündeter. Heute will man in Paris offiziell nichts mehr davon wissen, aber die Finanzierung ging offenkundig noch weiter: Die 500 000 Euro für Guéant stammen aus dem Jahr 2008.
Inzwischen tauchte eine weitere ungewöhnliche Barüberweisung an Guéant auf: Er erhielt aus ungeklärten Gründen 25 000 US-Dollar aus Jordanien. Das Finanzierungsnetzwerk erstreckte sich offensichtlich in zahlreiche Länder.