»Ein wenig strebermäßig«

Das New College Nottingham will ab September den Studiengang Heavy Metal anbieten. Miland »Mille« Petrozza betreibt seit den Achtzigern Metal im Selbststudium. Kreator, die Band des Essener Sängers und Gitarristen, hat bislang zwei Millionen Platten verkauft und ist weltweit bekannt.

Hätte es 1984 in Essen den Studiengang Heavy Metal gegeben, hättest du dich eingeschrieben?
Ha, ha. Die Zeiten haben sich geändert. Ich war gerade auf der Full-Metal-Cruise. Da waren meist Leute mittleren Alters an Bord, auch Familien, die sich eine Metal-Kreuzfahrt geleistet haben. Das hätte ich mir 1984 auch nicht träumen lassen. Allerdings frage ich mich, was man mit dem Metal-Abschluss anfangen soll. Ich würde da ganz gut abschneiden.
Du würdest sicher die Ehrendoktorwürde erhalten.
Aber der Sinn und Zweck des Studiengangs erschließt sich mir nicht. Was macht man da?
Komposition, Darbietung, die Geschichte des Metal und die geschäftliche Seite.
Da ist ja alles dabei.
Wie viel geschäftliches Wissen sollte ein Profimusiker haben?
Ich bin zur Handelsschule gegangen, ohne zu ahnen, dass ich mich um die Belange meiner Band kümmern werde. Als Band kann man sich kaum noch einen Manager leisten. Man braucht auch keinen, im Zeitalter der digitalen Medien. Aber gleich ein Studium? Schaden wird es nicht. Aber ob es zum Erfolg einer Band führt?
Was benötigt man zum Erfolg?
Glück ist das A und O. Mit den Demos, die damals zu unserem Plattenvertrag geführt haben, würden wir heute keinen mehr bekommen. Die Fähigkeiten eines 16jährigen Metallers sind heute um einiges höher. Ich musste mir mühsam alles raushören, heutzutage guckst du ein Lehrvideo auf Youtube. Aber deshalb ist auch alles jetzt ein wenig strebermäßig.
Könntest du dir vorstellen, als Metal-Dozent zu arbeiten?
Ich habe Gastdozenturen hinter mir, hier in Essen an der Musikhochschule. Beim Metal-Kurs könnte ich wahrscheinlich noch mehr sagen als da. Das könnte ich mir also vorstellen.
Metal galt früher als proletarisch, ist er nun ganz bürgerlich an der Hochschule angekommen?
Metal zieht sich durch alle Schichten. Das ließ sich auf der Metal-Cruise gut beobachten. Da gab es Anwälte, Firmenbesitzer mit 300 Angestellten, aber auch den normalen Heizungsinstallateur. Dass hauptsächlich Arbeiter Metal hören, ist Vergangenheit.