Die SPD in 150 Jahren

Glückwunsch, Backpfeifengesichterverein!

Die SPD wird 150 Jahre alt. Doch das ist kein Grund, einfach nur nostalgisch zurückzublicken. Schließlich ist die SPD die »Zukunftspartei in Deutschland« (Kurt Beck). Unsere Expertinnen und Experten für parteipolitische Nachhaltigkeit gehen deshalb der Frage nach: Wie wird es in 150 Jahren um die SPD stehen?

Eigentlich sollte die Dreihundertjahrfeier der SPD im Helmut-Schmidt-Mausoleum in Hamburg stattfinden. Doch leider sind die Arbeiten an dem einst als Elbphilharmonie geplanten Gebäude noch nicht abgeschlossen, denn bei den Planungen wurde nicht berücksichtigt, dass der Flusspegel dank des Klimawandels einige Meter höher liegen würde als bei der Grundsteinlegung, wodurch einige kleinere Nachbesserungen nötig wurden. Die SPD-Vorsitzende Walburga Steinmüller kommentiert dies mit den Worten: »Wir danken der Firma Hochtief dafür, dass sie seit mehr als 150 Jahren ein Garant für sichere Arbeitsplätze in der Region ist.«
Das Jubiläum wird stattdessen in Berlin begangen, und zwar am Thilo-Sarrazin-Flughafen. Historisch Interessierte werden sich erinnern, dass das Großprojekt ursprünglich anders heißen sollte. Nachdem Willy Brandt im Jahr 2054 wegen linksextremistischer Umtriebe posthum aus der Partei ausgeschlossen worden war, musste jedoch ein anderer Name her. Im Gegensatz zur Hamburger Dauerbaustelle wurde der Berliner Flughafen aber wenigstens fertiggestellt. Der SPD-Generalsekretär Egon-Luca Steinbeißer führt dies auf das von seiner Partei auf den Weg gebrachte EU-Konjunkturprogramm zurück. »Nur unser Flexi-Mindestlohn hat es möglich gemacht, die griechischen und portugiesischen Vertragsarbeiter ins Land zu holen. Ein großartiger Beitrag zum Zusammenwachsen Europas!« sagt Steinbeißer während der Feierstunde. Die Arbeiter erhalten zum Dank die übriggebliebenen Schnittchen und halbgeleerten Sektgläser (der Sachwert wird ihnen allerdings vom Lohn abgezogen).
Die Stimmung wird nur leicht durch die Tatsache getrübt, dass der Flughafen zwar fertig gebaut wurde, dort aber niemals ein Flugzeug gestartet oder gelandet ist. Die weltweiten Ölreserven sind einige Jahre zuvor endgültig zur Neige gegangen. Für Steinbeißer ist dies jedoch kein Grund zum Pessimismus: »Die Geschichte unserer Partei kann ein Vorbild für die Lösung der Energiekrise sein. Die SPD stellt seit Jahrhunderten unter Beweis, dass es möglich ist, ohne jegliche Substanz mit nichts als heißer Luft zu existieren.«
Svenna Triebler

Rückblickend scheint es wie eine Ironie der Geschichte, dass die SPD gerade zu ihrem 150. Geburtstag so tief wie nie am Boden lag: Dem politischen Gegner war es gelungen, einen der seinen in das Amt des sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten zu schmuggeln, und dann sollten auch noch die Mentholzigaretten verboten werden, um den letzten Widerstand in der alten Arbeiterpartei zu brechen. Gerade als die Situation völlig aussichtslos schien, nahte Mitte 2013 die Rettung aus dem fernen Westen der USA: Forschern in Oregon war es gelungen, aus menschlichem Gewebe embryonale Stammzellen zu klonen. Mit der Entnahme eines zigarettenfiltergroßen Stücks von Helmut Schmidts Lunge war bald darauf mit einem Schlag sowohl das politische wie auch das personelle Dauerproblem der SPD gelöst, ist es doch möglich, die so erhaltenen Stammzellen zu jedem beliebigen Körperbestandteil heranzuzüchten, zu dem in ihrer DNA die Informationen vorliegen. So war es für die Wissenschaftler schließlich ein Leichtes, riesige Teergruben und Kohleflöze aus dem Schmidtschen Lungengewebe zu gewinnen, die eine nie für möglich gehaltene Renaissance des für die Partei identitäts- wie sinnstiftenden Kohlebergbaus ermöglicht.
Heute, zum 300jährigen Jubiläum der Partei, betonte der Parteivorsitzende Helmut Schmidt die historische Leistung der stolzen Sozialdemokratie unter Kanzler Helmut Schmidt XII. mit seinem Allstar-Kabinett aus zwölf Helmut-Schmidt-Klonen. In seiner Grundsatzrede bei der Jubiläumsveranstaltung betonte er: »Und seien Sie sicher, dass die SPD auch auf die Herausforderungen der Zukunft immer eine angemessene Antwort finden wird: neue Helmut-Schmidt-Klone!«
Heiko Werning

Liebe SPD, du Knuddelpartei, Politresterampe, Biomülldeponie, du alles Bestehende überstrahlender Backpfeifengesichterverein der Weltgeschichte.
Du bist und bleibst auch die nächsten 150 Jahre wie ein im Tierheim von Hohenschönhausen von den Pflegern in einem Kellerverschlag vergessener einbeiniger, räudiger Hund, wie der lange erfolgreich verdrängte Verwandte, dem immer getrocknete Speisereste am Mundwinkel kleben, wie der uns aus dem Fernsehkasten entgegengrinsende Schädel von Markus Lanz: Wir empfinden bei deinem erbarmungswürdigen Anblick diffus etwas, das eine Mischung aus Ekel und Mitleid sein könnte. Aber haben wollen wir dich nicht, nicht jetzt und nicht in 150 Jahren, wenn du 300 Jahre alt wirst. Deine Politik riecht nach kaltem Bauer. Du bist das vorletzte Aufgebot des BDI.
Deine Kanzlerkandidaten wählst du zuverlässig so aus, dass man meint, sie seien, selbst von hartgesottenen Berufsladendieben verschmäht, am letzten Tag des Räumungsverkaufs auf den untersten Regalbrettern liegengeblieben und hernach vom Personal nur aus nackter Angst, jemand könnte sie doch noch entdecken und seinen Feind damit beschenken, mit nach Hause genommen worden: der armselige Scherzartikel, über den keiner je gelacht hat (Scharping), der Hefekloß mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum (Steinmeier), der abgeschabte Leitzordner, der seit 1976 daliegt und den einem zerlumpten moldawischen Straßenkind als Malunterlage anzubieten man sich schämen würde (Steinbrück).
Du bist und bleibst auch die nächsten 150 Jahre die Familie Hesselbach unter den Parteien: putzig anzuschauen, rührend in deinem beharrlichen Versuch, deinem astreinen autoritären Charakter ein libertäres Partyhütchen aufzusetzen, und von vollendeter Überflüssigkeit. Und immer, wenn wir deine Wahlkampfslogans lesen müssen, kommt uns pfeilschnell unweigerlich Hugo von Hofmannsthals berühmter Brief des Lord Chandos in den Sinn: Die Worte »zerfielen mir im Munde wie modrige Pilze«. Es ist nicht schön, dass es dich gibt.
Thomas Blum

Auszug aus dem Bericht des Kundschafters Tan Parsek an die intergalaktische Kommission: »… wird die Fertigstellung der Konzerthalle Elbphilharmonie in der von den hier lebenden Hominiden Hamburg genannten Siedlung nun für das Jahr 2175 irdischer Zeitrechnung erwartet. Hamburg und zahlreiche weitere Siedlungen werden von Klonen regiert, die alle den Namen Helmut Schmidt tragen. Die Reden dieser Klone sind wegen ihres ständigen Hustens schwer zu verstehen und sie sind oftmals hinter Qualmwolken verborgen. Sie werden von den Eingeborenen kultisch verehrt. Nachforschungen ergaben, dass die Produktion dieser Klone vor knapp 150 Erdjahren begann. Damals existierte ein Ur-Schmidt, der ebenfalls kultisch verehrt wurde und noch einer als SPD bezeichneten Organisation angehörte. Der Überlieferung zufolge konnte ein gewisser Steinbrück im Jahr 2017 seine Konkurrentin überbieten und erlangte die Kanzlerschaft, die nach einer Wahlrechtsreform versteigert wurde, fiel jedoch im Folgejahr, als er einen Kavallerieangriff auf ein Nachbarland anführte. Die daraufhin einsetzende Produktion von Schmidt-Klonen sollte ursprünglich eine dauerhafte Herrschaft der SPD sicherstellen, da jedoch bereits damals niemand mehr wusste, wofür SPD eigentlich steht, geriet dieser Verband in Vergessenheit, während die Schmidt-Klone sich großer Beliebtheit erfreuen. Es lässt sich nicht ergründen, was sie außer reden und rauchen eigentlich tun, da aber seit der 2020 beschlossenen Erweiterung der Wahlrechtsreform in der Gesetzgebung das Aktionärsrecht gilt, scheint das nicht von Bedeutung zu sein. Gefürchtet werden hingegen die Guido-Westerwelle-Klone, die nach einem Unfall …«
Jörn Schulz