»Ein richtiges Leben im Fälschen«

Aus Anlass des Wagner-Jahrs hat die Künstlergruppe »Frankfurter Hauptschule« 50 000 Tickets für die Bayreuther Festspiele gefälscht und an alle Haushalte der Stadt verschickt. Sie möchte mit der Kunstaktion nach eigenen Angaben »auf den verharmlosenden Umgang mit Wagners Antisemitismus aufmerksam machen«. Ihr Sprecher Johann Mühle gibt Auskunft.

Warum heißt die Kunstaktion »Operation Blumenmädchen«?
Der Name spielt auf die »Operation Walküre« an. Die Walküren im »Ring« stehen eher auf der Seite des vermeintlich Guten, das heißt bei Wagner: auf der arischen Seite. Die Blumenmädchen im »Parsifal« werden dagegen von Klingsor, dem intriganten Juden, benutzt, um Parsifal auf die falsche Fährte zu locken. Und das tun wir auch mit den gefälschten Tickets. Es gibt ein richtiges Leben im Fälschen!
Gab es schon Reaktionen auf die Tickets?
Die Bayreuther Festspielleitung beziehungsweise Katharina Wagner höchstselbst hat Anzeige erstattet.
Wegen welches Delikts wurde Anzeige gestellt?
Wir wissen das auch nur aus der Presse. In der BZ ist von Urkundenfälschung die Rede. Zugleich erklärt der Sprecher der Festspiele, niemand nehme das ernst.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Tausende Bayreuther mit gefälschten Tickets am Festspielhaus auftauchen?
Das wäre amüsant. Dass die Anzeige so schnell gestellt wurde, deutet aber darauf hin, dass die Festspiele in der Öffentlichkeit schnell klarstellen wollen: Hier sind gefälschte Tickets im Umlauf.
Wie gut sind die Fälschungen?
Sie sehen vom Layout her so aus wie die echten Karten, mit ein paar Abwandlungen. Auf unseren Tickets steht »freie Platzwahl«, das ist in Bayreuth nicht üblich. Statt eines Strichcodes haben wir einen QR-Code auf den Karten platziert. Die Festspiele lassen über die Polizei auch verbreiten, ihr Papier sei besser als unseres.
Was verbirgt sich hinter dem QR-Code?
Da kommt eine Nachricht: »Dieses Ticket ist gefälscht, tut uns leid. Echt ist dagegen Richard Wagners Antisemitismus.« Dann kommt ein Zitat von Wagner aus den Tagebüchern von Cosima, wo er sagt, alle Juden sollten in seiner Aufführung des »Nathan« verbrennen.
Sind von Ihrer Gruppe weitere Überraschungen zu erwarten?
Es gibt weitere Ideen. Es hängt aber davon ab, wie es weitergeht. Wenn man uns auf die Schliche kommt, werden wir natürlich voll in die Offensive gehen.