Lukrativer Waschzwang

»Wenn Al Capone heute noch am Leben wäre, würde er so sein Geld verstecken«, ließ Richard Weber von der US-Steuerbehörde verlauten. Realistischer wäre der Vergleich: »Wenn Al Capone heute noch am Leben wäre, würde er eine Cyberbank gründen« – frei nach Brechts »Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?« Arthur Budovsky (39) ist die Synthese aus Internetgeschäft und organisiertem Verbrechen offenbar schon 1999 mit der Gründung der Bank »Gold Age« gelungen. Nach sechsmonatigen Ermittlungen hatten die US-Behörden genügend Beweise, um im Juli 2006 »Gold Age« wegen des Verdachts auf Geldwäsche zu schließen. Budovsky drohten fünf Jahre Gefängnis. Nachdem die Kaution bezahlt worden war, flüchtete Budovsky nach Costa Rica – seine US-amerikanische Staatsbürgerschaft legte er mit sofortiger Wirkung ab. Für Costa Rica entschied er sich, weil das Land kein Auslieferungsabkommen mit den USA hat und es sehr einfach ist, dort eine Staatsbürgerschaft zu bekommen. 800 US-Dollar soll er einer Obsthändlerin für eine Scheinehe gezahlt haben. Er versprach ihr nicht die ewige Treue, sondern die Scheidung nach zwei Jahren – aus unbekannten Gründen hielt er sich nicht daran.
In Costa Rica gründete Budovsky sofort die Bank »Liberty Reserve«, die sich von ihrer Vorgängerin kaum unterschied. Über das Internet-Bezahlsystem konnte weltweit anonym Geld überwiesen und umgetauscht werden. Nach sieben Jahren sollte wieder Schluss sein: Ende Mai 2013 verhafteten die seit 2011 erneut gegen ihn ermittelnden US-Behörden den mutmaßlichen Cyberbankgangster mit einem Komplizen in Spanien. In Costa Rica wurden drei Wohnungen und vier Büros durchsucht und eine weitere Person festgenommen. Die Mitbegründer von »Liberty Reserve«, Arthur Marmilev und Vladimir Kats, wurden beide in den USA verhaftet. Budovsky und seinen vier mutmaßlichen Mittätern wird Geldwäsche im großen Stil vorgeworfen, ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft. Da die Nutzer keinerlei Dokumente zur Identifikation vorweisen mussten, soll »Liberty Reserve« insbesondere bei Kriminellen für Transaktionen beliebt gewesen sein. Unter anderem die Taliban, russische Mafiaorganisationen und diverse Kinderpornoringe sollen die Plattform genutzt haben, um Geldsummen schnell und anonym zu transferieren. Auf rund sechs Milliarden US-Dollar schätzen die ermittelnden Behörden die Summe, die in ungefähr 55 Millionen Transaktionen gewaschen wurde. »Liberty Reserve« war nicht die letzte und einzige Bank, die für kriminelle Machenschaften genutzt wird. Doch Budovsky könnte in die Geschichte als bislang einflussreichster Cybergangster aller Zeiten eingehen – ohne Freiheitsreserven.