Nationale Fluthelden

Gelesen, mit etwas Glück ein bisschen gelacht, wieder vergessen. Warum das Bekennerschreiben der »germanophoben Flutbrigade« nicht so behandelt wurde, wie Amateursatire praktisch immer behandelt wird, ist schnell erklärt: Das krampfige Schreiben war nicht sonderlich witzig. Schwieriger ist es dagegen schon, herauszufinden, warum Politik und Medien die Autoren sofort als irgendwie links verorteten. Schließlich fehlt dem Text alles, was linke Bekennerschreiben normalerweise ausmacht, von vielen Schachtelsätzen über den Aufruf zur Solidarität mit diesem und jenem bis hin zur länglichen Analyse der Verhältnisse. Dass das – übrigens von einer deutlichen Liebe zu Fäkalien gekennzeichnete – Bekennerdingens zunächst nur in rechten Blogs und Internetauftritten verbreitet wurde, interessierte auch niemanden weiter, denn schließlich hatte der sachsen-anhaltinische Innenminister praktisch sofort erklärt, dass man das Schreiben »sehr ernst« nehme. (Wir erinnern uns: Das ist dieses Bundesland, dessen Verfassungsschutzpräsident nach einigen euphemistisch »Pannen« genannten Skandalen rund um den NSU letztes Jahr zurücktreten musste).
So hatte die Jahrhundert-, ach was, die Jahrtausendflut ratzfatz ihre Dolchstoßlegende: Die nationalen Hochwasserhelden, besiegt durch linke Chaoten, die heimlich im Schutz der Dunkelheit Deiche umwerfen oder Löcher hineinbohren oder was immer man tut, um Deiche kaputtzumachen. Und der deutsche Mob aka die germanophile Flutbrigade – also der Teil, der nicht mit Sandsäckeschleppen und Kellerauspumpen beschäftigt war – durfte sich in vielen Kommentarspalten bemerkenswert unzensiert darüber auslassen, was man mit »dem linken Pack« am liebsten machen würde: aufhängen, vierteilen, vorher foltern und so weiter.