Die Reaktion

Eine lebhafte Diskussion hat der Artikel »Too much love« von Vassilis S. Tsianos und Bernd Kasparek (30/2013) auf unserer Facebook-Seite ausgelöst. Sourush M. meint: »Ich hatte gehofft, die Jungle World würde poststrukturalistische Debatten über Sprache unkommentiert lassen. Rallt es endlich: Sprache erzeugt nicht die gesellschaftlichen Verhältnisse. Es ist umgekehrt. Daher ist es so sinnlos wie überflüssig, anzufangen, political-correctness-Kataloge zu erstellen, wie man sagen soll und wie nicht.« Nils A. dazu: »Das Problem wurzelt tiefer: Sich so an Begrifflichkeiten aufzuhängen, ist nur Symptom für einen Paradigmenwechsel im Antirassismus: Weg von universellen Forderungen, hin zur Durchsetzung von Partikularinteressen.« Nochmal Sourush M.: »Wenn ein Türsteher an der Disko jemanden aufgrund seiner Hautfarbe nicht reinlässt, ist es für diesen pupsegal, ob er jetzt nun als ›Neger‹ oder ›Schwarzer‹ nicht reingekommen ist.« Und Nils A.: »Die Autoren sagen im Grunde das Folgende: Flüchtlinge fliehen nicht etwa vor Hunger, Elend und Tod. Nein, sie ›entfliehen‹ ›ihren normalisierten Repräsentationen‹ und verändern dabei beiläufig die ›Bedingungen ihrer materiellen Existenz‹. Der Flüchtling ist also so was wie eine Drag Queen, die auf der Queer-Party ein paar Stunden ihrer ›normalisierten Repräsentation‹ entflieht. Hinter diesem postmodernen Gelaber schimmert eine Unmenschlichkeit hervor, die kein menschliches Elend mehr wahr­haben will und kann, sondern noch die gewaltvollsten Zustände in ein Problem von Anerkennung umdeutet.« Klaus M. widerspricht: »Die Putzfrau wird zur Raumpflegerin, der Hausmeister zum Concierge, aus Entlassungen werden Freistellungen und aus Abschiebungen Rückführungen in die Heimat. Begriffe transportieren Inhalte und sind relevant für Debatten, Diskurse und spiegeln sich auch in den real existierenden Verhältnissen wieder. Eine Kritik an den die Realität verklärenden, verharmlosenden, beschönigenden Verhältnissen, an Täter-Opfer-Umkehr etc. als irrelevant, postmodern, poststrukturalistisch, PC abzutun, ist strukturkonservativ und relativistisch.«