Das Medium

E-Mail vom Staat

Dass E-Mail-Anbieter fest daran glauben, ihre Kundschaft führe ein sehr freud- und vor allem freundeloses Leben und sei deswegen ganz extrem glücklich darüber, dass wenigstens GMX und Co. Nachrichten schicken, ist nicht schön, aber auch nicht zu ändern. Und so könnte man gemeinsam auch ohne nennenswerte Komplikationen alt werden – der Anbieter schickt verlässlich täglich Werbemüll, die Kundschaft löscht sie, ohne sie näher angeguckt zu haben – wenn da nicht die immer neuen Ideen wären, die Unternehmen sich notorisch einfallen lassen.
Neuester Coup ist etwas namens De-Mail-Adresse, und das geht so: Sehr geehrte(r) Herr/Frau Dingens, heißt es im Anschreiben. »Sie sind ein Glückspilz – und das gleich in doppelter Hinsicht! Denn E-Mail-Adressen aus Vor- und Nachnamen, wie die Ihre, sind bei GMX immer seltener verfügbar.« Tja. Kann einem ja aber egal sein, denn schließlich hat man eine. Von wegen! »Noch drastischer gilt das für die neuen, derzeit kostenlosen De-Mail-Adressen, denn eine De-Mail-Adresse besteht immer zwingend aus dem Namen, der im Personalausweis steht.« Also aus dem Namen, auf den die derzeitige E-Mail-Adresse lautet, hmmm, das ist, sagen wir: erstaunlich. Denn wenn man schon eine hat, warum sollte man dann noch eine andere haben wollen?
Darum: »De-Mail ist der einfache Weg um elektronisch rechtssicher, vertraulich und verbindlich zu kommunizieren.« Denn: »Staatlich geprüft«. Staatlich geprüfte E-Mail-Adressen, genau, das ist es, was man ganz dringend gebraucht hat. Heute kam dann dies: »Starten Sie bitte umgehend den Identifikationsprozess, da Ihr exklusiver Anspruch auf Ihre vorreservierte De-Mail-Adresse in Kürze verfällt.« Ob man einen neuen Namen annehmen muss, wenn die De-Mail-Dingens gelöscht wird? Oder bekommt man dann vom Staat einen anderen?