Eine undankbare Aufgabe

Vielleicht war er nur zur falschen Zeit am falschen Ort oder hat einfach die falschen Freunde. Nach knapp über einem Monat im Amt reichte Jiří Rusnok jedenfalls am Dienstag voriger Woche seinen Rücktritt als Ministerpräsident des Übergangskabinetts Tschechiens ein. Eingesetzt worden war er Ende Juni vom linksliberalen Präsidenten Miloš Zeman. Rusnoks Vorgänger, Petr Nečas von der konservativen Partei ODS, war zuvor aufgrund einer Korruptions- und Spionageaffäre zurückgetreten, in die Vertraute von ihm verwickelt waren. Die Mitte-Rechts-Koalition, die im Parlament über eine knappe Mehrheit verfügt, hoffte auf eine Ministerpräsidentin aus ihren Reihen, doch Zeman zog seinen ehemaligen Parteifreund und »besten Finanzminister« Rusnok vor. Dieser sollte als Vorsitzender einer Expertenregierung vor allem bis Ende September einen Haushalt für 2014 verabschieden. Dass sich fast alle Parteien im Juni gegen diese Art der Regierungsbildung aussprachen, nahm Zeman offenbar in Kauf. Er akzeptierte vorige Woche zwar Rusnoks Rücktrittsgesuch, regieren muss dieser aber noch bis zu vorgezogenen Neuwahlen und dem Antritt des nächsten Ministerpräsidenten.
Immerhin stimmten bei der Vertrauensabstimmung am 7. August 1993 der 200 Abgeordneten für den 52jährigen Rusnok, nur 100 waren gegen ihn. Anscheinend kommt er auch bei einigen aus der Mitte-Rechts-Koalition gut an. Er selbst ist parteilos, 2010 trat er aus der sozialdemokratischen ČSSD aus, zuvor hatte er stets für eine große Koalition mit der ODS geworben und Kontakte mit Konservativen gepflegt. Er unterstützte sogar die Präsidentschaft von Václav Klaus (ODS), was für Streit in der ČSSD sorgte. Nach seinem vorläufigen Abschied von der Politik arbeitete er für einen privaten Pensionsfonds. Der Wirtschaftswissenschaftler hat trotzdem einen Ruf als Linker. Vielleicht, weil er während des Realsozialismus Anwärter auf eine Mitgliedschaft in der KP war. Das war damals aber eher karrierefördernd als links. Ansonsten mag er Semmelknödel, Bier und Atomenergie und vertritt das Leistungsprinzip für alle außer die »Schwächsten der Gesellschaft« – besonders »querdenkerisch«, wie er gern bezeichnet wird, wirkt das nicht. Seine linke Offenheit hat ihm anscheinend nichts genutzt. Das nächste Mal, wenn ihn ein Freund um einen Gefallen bittet, sollte er vielleicht nicht so schnell zusagen.