Talmi

Andreas

Es ist der älteste Witz der Welt: der Kartoffelsalat, der überflüssigerweise zu einer Feier mitgeschleppt wird und dann zwölf Stunden unangetastet in seinem Sud vor sich hinrottet, bevor ihn eine beherzte Hausfrau unauffällig entsorgt. Seit August hat man Gelegenheit, das sinnlose Party-Mitbringsel unter dem Namen »Andreas’ Kartoffelsalat« käuflich zu erstehen. Wer aber ist Andreas? Woher kennen wir ihn? Und warum drückt er seinen ran­zigen Salat zwischen unsere herrlich hygienischen Convenience-Food-Artikel? Andreas heißt eigentlich Herr Hohmann, existiert wirklich und nahm an einem Wettbewerb der Firma Homann (nicht verwandt) teil, bei dem der beste Kartoffelsalat des Landes gekürt werden sollte. Weil es nun wirklich keine Konkurrenz mehr geben darf, gleich ob Gameshow oder Kindermalwettbewerb, die nicht zugleich mit der nationalen Frage verbunden wird, hieß der Spaß »Mein Leckerster für Deutschland 2013«, und weil Barbara Schöneberger mittlerweile auch schauen muss, wo sie bleibt, wurde die Wahl des deutschesten Herrensalats der Welt von ihr moderiert. Der erfreulich kugelrunde Andreas Hohmann triumphierte mit einer »grandiosen Kartoffelsalatkomposition mit Kochschinken, Apfelwürfeln und körnigem Senf«, die Schöneberger ließ die arischen Löckchen lachen, und die Firma Homann erfüllte ihre patriotische Pflicht für Kartoffeldeutschland. Nun liegt Andreas’ Knollenbrei in unseren Kühlschränken herum wie die Gabe eines entfernten Freundes; und wie ein Freund möchte uns ja auch der Kapitalismus entgegentreten: ein Freund freilich, der uns zum Arbeiten zwingt und uns die Früchte der Arbeit für einen horrenden Quatschpreis wieder verkauft. Immerhin kennen wir ihn nun beim Vornamen.

Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins Titanic.