Die Maut haut ins Auge

Am Sonntagabend war es endlich so weit, zwei Moderatorinnen und zwei Moderatoren, vier Sendeanstalten für die Live-Übertragung und in der Arena: die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Herausforderer Peer Steinbrück (SPD). Es sei Steinbrücks »letzte Chance«, hatten die Zeitungen vor dem »Kanzlerduell« geschrieben, um die Spannung zu steigern. Mehr als 17 Millionen Zuschauer wohnten einem Ereignis bei, das sich als krude Mischung aus Staatsfernsehen, Sportevent und Talkshow präsentierte. Das Problem dieses Medienspektakels war, dass es nichts Spektakuläres hervorbrachte. Am Morgen danach übten sich die Medien mangels Alternative in Stilkritik. Merkels »Schlandkette« avancierte zum »heimlichen Star« des Duells, der es schon während der Übertragung auf zahlreiche Follower bei Twitter brachte. Stefan Raabs Formulierung »King of Kotlett« dürfte die Linguisten des Landes noch einige Tage beschäftigen. Aber natürlich darf vor der Bundestagwahl auch das Politische nicht zu kurz kommen. Deutschland hat endlich ein Wahlkampfthema: Auf den »Veggie-Day« folgt die PKW-Maut. Schließlich traute sich Merkel vor Millionen Zuschauern, der vom bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) zwar rechtlich ohnehin aussichtslosen, aber vehement geforderten PKW-Maut für ausländische Autofahrer eine Absage zu erteilen. Ein starkes ­Signal der Kanzlerin in Zeiten der Euro-Krise. So mutig wie Merkel konnte sich ihr Koalitionspartner Rainer Brüderle (FDP) am Montag im »Dreikampf« mit Jürgen Trittin (Grüne) und Gregor Gysi (Linkspartei) nicht präsentieren, obwohl Umfragewerte im Bereich der Fünf-Prozent-Marke eigentlich einen kämpferischen Auftritt erfordert hätten. Das lag an Themen wie Mindestlohn, Altersarmut und Steuergerechtigkeit, bei denen es seiner Partei traditionell an Kompetenz fehlt. Immerhin blieb ihm in dieser von der ARD veranstal­teten Herrenrunde das Thema Frauenquote erspart.