Vor der Wahl in Bayern

Das System Bayern

Die Prognosen zum Ausgang der Landtagswahl in Bayern zeigen: Von der CSU lernen, heißt Dauerherrschaft lernen.

Da kann Bashar al-Assad nur neidisch auf seinen Amtskollegen blicken: Es dürfte Horst Seehofer gelingen, sich auch ganz ohne Giftgaseinsatz die nächsten vier Jahre sicher in seinem Gottesstaat an der Macht zu halten. Der bayerische Frühling ist beendet. Auf dem Höhepunkt der Unruhen im Süden der Republik war es zwischenzeitlich zwar zum Äußersten gekommen, die FDP musste an der Regierung beteiligt werden. Aber das Volk scheint mittlerweile selbst erschrocken zu sein über diesen Frevel. Die Wiederherstellung geordneter Verhältnisse in Bayern, die absolute Mehrheit für die CSU also, ist nah, so verkünden es die Umfragen. Die FDP-Minister werden wahrscheinlich am kommenden Montag mit ihren Topfpflanzen in der Hand verwirrt aus dem Irrenhaus laufen, in dem sie die vergangenen Jahre verbracht haben, und mit Gustl Mollath eine Selbsthilfegruppe gründen.
Was aber treibt die Bayern dazu, immer und immer wieder eine selbstherrliche Herrscherclique an die Macht zu lassen, die ihre Ämter zur unverblümten Selbstbereicherung nutzt, sich mit dem Bayerischen Rundfunk einen Staatssender hält, angesichts dessen Karl-Eduard von Schnitzler vor Neid erblasst wäre, und deren Regierungsmitglieder sich mit ihren Trachten gerne exaltierter präsentieren, als Muammar al-Gaddafi es zu seinen besten Zeiten vermochte?
Diktatoren der Welt, schaut auf dieses Land! Es ist ganz einfach. Lasst die Bevölkerung wählen! Nicht freie Wahlen sind das Problem, sondern falsche Ergebnisse. Um diese zu vermeiden, sorgt für ein System, das sicherstellt, dass es einer soliden Mehrheit in der Bevölkerung gut genug geht, um Veränderungen zu scheuen!
Und nicht vergessen zu behaupten, dass ihr euch auch für den Rest interessiert, der nicht das große Los gezogen hat! Nicht erschrecken – das ist natürlich nur Spaß. Lasst den Papst gegen Kriegseinsätze wettern, wie er will. Ihr drückt ihm bei der nächsten Audienz einen schönen Blumenstrauß in die Hand und ein dickes Busserl auf die Wange, lasst aber dennoch eure Waffenschmieden auf Hochtouren laufen und stimmt jedem Kriegseinsatz fröhlich zu. Haltet die putzigen Moralvorstellungen eurer Religion in der Öffentlichkeit hoch, privat könnt ihr eure Sekretärinnen trotzdem flachlegen. Selbstverständlich könnt ihr jederzeit sagen, dass Kinder nur in einer glücklichen Familie mit Vater und Mutter aufwachsen können. Deswegen müsst ihr euch aber noch lange nicht selbst um die Blagen kümmern, die nun mal anfallen. Das ist kein Problem und erst danach geltet ihr als echte Mannsbilder und könnt euch umso besser mitsamt euren gehörnten Ehefrauen im Trachtenjankerl auf dem nächsten Wahlplakat präsentieren. Und selbstverständlich könnt ihr ganz unchristlich gegen böse Ausländer pöbeln, die eure schönen Straßen einfach so befahren, ohne dafür zu zahlen. Dafür hat der Führer damals schließlich nicht die Autobahnen gebaut!
Kurz gesagt: Wenn ihr bis in alle Ewigkeit ungestört weiterregieren wollt, predigt den Leuten gelegentlich von »Werten«, lasst sie aber dennoch schimpfen, saufen, fressen, vögeln, wie sie wollen und gebt ihnen einen Batzen Reichtum ab, mit dem sie zufrieden sind. Und lasst sie wählen. Dann habt ihr’s bald so schön wie in Bayern.