Küsse gegen Putin

Als Politiker inszeniert sich Wladimir Putin oft mit einer homoerotische Ikonographie. Mal reitet der russische Präsident mit nacktem Oberkörper durch die Prärie, mal lässt er sich spärlich bekleidet beim Angeln ablichten. Eine Auswirkung auf den Umgang mit Homosexuellen in Russland hat das nicht. Gewalt gegen Schwule und Lesben ist an der Tagesordnung.
Weltweit zogen am Wochenende Tausende Menschen vor russische Botschaften und Konsulate, um gegen die aggressive Homophobie zu demonstrieren. Unter dem Motto »To Russia With Love« trafen sie sich von Zagreb bis Tel Aviv zum Kiss-in, dem kollektiven Protestknutschen. Auch vor der russischen Botschaft in Berlin kamen Hunderte zusammen. »Mr. Putin, es geht Sie einen Dreck an, wen wir lieben!« schmetterte Moderatorin Gloria Viagra von der Bühne. Ihr leidenschaftliches Plädoyer gegen homophobe Gewalt war voller musikalisch inspirierter Parolen: »Wir sind eine Army of Lovers!« und »Give Peace a Chance!« Schließlich führe Russland einen »Krieg« gegen die Community. In Russland ist »homosexuelle Propaganda« gesetzlich verboten. Damit sind sämtliche öffentliche Äußerungen gemeint, die sich positiv auf Homosexualität beziehen. Das wird mit »Kinderschutz« begründet.
Es gibt in Russland keine Partei, die sich für die Rechte Homosexueller einsetzt. Russische Gay-Pride-Paraden können – wenn überhaupt – nur unter Polizeischutz stattfinden. In Berlin versuchte Gloria Viagra einen globalen Zusammenhang der emanzipatorischen Kämpfe herzustellen. Angriffe auf Homosexuelle in Russland seien Angriffe auf Homosexuelle in der ganzen Welt. Immer wieder befahl sie: »Knutscht euch!« Woraufhin die rund 500 Menschen vor der Bühne bereitwillig übereinander herfielen. Die Protestierenden wollten deutlich machen, dass es nicht um Sonderrechte, sondern um ein Ende der Ungleichbehandlung geht.