»Mit Versöhnung tritt man nochmal nach«

In dieser Woche jährt sich der Beginn der Pogrome im sächsischen Hoyerswerda 1991. Die Initiative »Pogrom 91« erinnert auch in diesem Jahr mit einer Veranstaltung in der Stadt an die rassistischen Angriffe auf Flüchtlinge und Vertragsarbeiter. Lisa und Mathias gehören der Initiative an.

Welche Rolle spielen die Pogrome für die Öffentlichkeit in Hoyerswerda?
Lisa: Bevor die Initiative ins Leben gerufen wurde, haben sie niemanden mehr interessiert. »Pogrom 91« hat aber fundierte Arbeit geleistet, Demonstrationen veranstaltet und einen Denkmalsentwurf vorgestellt. Die Stadt wurde so gepiesackt, dass sie sich wieder damit beschäftigt hat.
Wie hat der Entwurf ausgesehen?
Mathias: Wir haben vor zwei Jahren einen ersten Entwurf angefertigt. Es war eine weiße Stele mit einem Plexiglaskasten, in dem sich eine Schrifttafel befand. Wir haben auf ihr den Begriff »rassistisches Pogrom« benutzt, weil die Einordnung nicht selbstverständlich ist.
Welche Begriffe kursieren noch?
Mathias: Die Stadt hat eine Stele präsentiert, auf der stand: »In Erinnerung an die extremistischen Ausschreitungen«.
Wurde der Entwurf der Initiative angenommen?
Mathias: Wir sind mit der Forderung nach einem Denkmal an die Öffentlichkeit getreten. Die Stadt hat dann einen Wettbewerb ausgerufen. Der Siegerentwurf sieht aus wie ein Tor mit einem Regenbogen darüber, auf dem Begriffe wie Gastfreundschaft und Versöhnung eingraviert sind. Das ist zynisch. Entschuldigung wäre in Ordnung gewesen, mit Versöhnung tritt man dagegen nochmal nach.
Hat sich inzwischen etwas verändert, was den Rassismus angeht?
Lisa: Die Stadt wurde durch das Pogrom »ausländerfrei«, mehr oder minder ist sie das immer noch. Sie hat nach wie vor ein rechtes Problem. Im vergangenen Jahr haben Nazis damit begonnen, regelmäßig das Büro von Karen Lay von der Linkspartei anzugreifen, ein Paar musste aus der Stadt fliehen, weil es massiv von Nazis angegriffen wurde und die Polizei untätig geblieben ist. Zurzeit soll der Landkreis Bautzen mehr Flüchtlinge aufnehmen. Hoyerswerda ist die einzige Stadt im Kreis ohne ein Heim. Die Stadt diskutiert nun, ob sie wieder bereit ist, Flüchtlinge aufzunehmen.
Tut die Stadt etwas gegen ihr Naziproblem?
Mathias: Vom Bürgermeister gibt es nur Lippenbekenntnisse, ein entschlossenes Eingreifen gegen Nazis hingegen nicht.