Kuba und die Baseball-Karibikmeisterschaft

Nicht ohne die US-Regierung

Zum ersten Mal seit 53 Jahren sollte Kuba wieder an der Baseball-Karibikmeisterschaft teilnehmen. Das US-Embargo verhindert jedoch die erste vorsichtige Öffnung des Landes in Richtung Profisport.

Baseball ist auf Kuba weit mehr als ein Sportart. Er sei »fast eine Religion, in jedem Fall etwas sehr Ernstes«, meint der Schriftsteller Leonardo Padura. Über das rein Sportliche hinaus war und ist Baseball ein Spiel, bei dem die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Konflikte symbolisch ausgetragen werden, die die kubanische Gesellschaft prägen. Zwei Monate ist es her, dass Juan Francisco Puello Herrera, Präsident des Karibischen Baseball-Verbandes, in Havanna die Wiederaufnahme Kubas in die Serie del Caribe verkündete. Die jährlich ausgetragene Karibikmeisterschaft für Vereinsmannschaften mit Clubs aus Mexiko, der Dominikanischen Republik, Puerto Rico und Venezuela wird im kommenden Februar auf der Isla Margerita in Venezuela stattfinden. Nach 53 Jahren soll damit erstmals auch wieder eine kubanische Mannschaft teilnehmen. In den Anfangsjahren der 1949 initiierten Meisterschaft dominierte Kuba das Turnier. Zwischen 1949 und 1960 gewannen kubanische Teams sieben Mal. Nach der Revolution wurde 1961 die professionelle Baseballliga des Landes abgeschafft, was zu einem vorzeitigen Ende der Serie del Caribe führte. Seit 1970 wird das Turnier wieder ausgetragen, allerdings ohne Kuba.
Seit mehreren Jahren ist eine Rückkehr Kubas im Gespräch. Der Verband erhofft sich davon mehr sportliche Qualität und größere mediale Aufmerksamkeit, und auch die Kubaner wünschen sich mehr internationalen Wettbewerb. Kubas Nationalmannschaft, die früher regelmäßig Siegespokale bei den Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften gewann, hat seit Jahren kein großes Turnier mehr gewonnen; zudem läuft der Fußball dem Baseball langsam den Rang als beliebteste Sportart ab – vor allem unter Jugendlichen.
Doch die seit Jahrzehnten andauernde Blockade durch die USA, ein Relikt aus Zeiten des Kalten Krieges, könnte die Wiederaufnahme doch noch verhindern. Anfang August machte die US-Profiliga Major League Baseball (MLB) Druck, Kuba von der Serie del Caribe wieder auszuladen. Die dominikanische Tageszeitung Diario Libre veröffentliche Auszüge eines Briefes des MLB-Vizepräsidenten, Kim Ng, in dem der Karibische Baseball-Verband aufgefordert wird, die Vereinbarungen mit Kuba aufzukündigen. Zu Beginn der Verhandlungen zum traditionellen Winter League Agreement (WLA) in New York erklärte die MLB, sie könne »ohne Genehmigung der US-Regierung keiner Vereinbarung zustimmen, die Kuba als Mitglied einschließt«. Das Winter League Agreement erlaubt Profis aus der MLB, während der Ligapause in den Wintermonaten an den Profiligen in Venezuela, Mexiko, der Dominikanischen Republik und Puerto Rico sowie der Serie del Caribe teilzunehmen – ohne die Profispieler würden diese Ligen einiges an Attraktivität einbüßen. Es ist also nicht zu erwarten (und auch nicht zu verlangen), dass die CBPC zugunsten von Kuba ihre Beziehungen zur MLB gefährdet.
CBPC-Verbandspäsident Puello sagte allerdings in der vergangenen Woche der venezolanischen Tageszeitung El Nacional, dass die Verzögerung bei der Unterzeichnung des WLA andere Ursachen als die Wiederaufnahme Kubas habe. Vielmehr gebe es zwischen CBPC und MLB unterschiedliche Vorstellungen über die sogenannte Erschöpfungsklausel, die die Ruhepausen für die Werfer regelt. Das zeitliche Zusammentreffen beider Themen sei »Zufall«.
Dennoch ist die bereits verkündete kubanische Teilnahme im Moment zweifelhaft. Grund ist das Helms-Burton-Gesetz, eine 1996 beschlossene Verschärfung der Blockadepolitik, das US-amerikanischen Unternehmen geschäftliche Beziehungen mit Kuba untersagt. Sollte das Land in die Serie del Caribe aufgenommen werden, wäre die MLB über das Winter League Agreement eine kommerzielle Verbindung eingegangen.
Puello will die Hoffnung auf eine Teilnahme nicht aufgeben. Nach der Unterzeichnung des WLA – im September soll es soweit sein – werde man mit aller Kraft die Aufnahme Kubas in die Serie del Caribe 2014 anstreben. »Wenn wir unsere Übereinkunft mit der MLB erzielt haben, werden wir uns voll und ganz der titanischen Aufgabe widmen, die Teilnahme Kubas an der nächsten Serie del Caribe auf der Isla Margarita in Venezuela zu ermöglichen«, sagte er am Montag dem kubanischen Sender Radio Rebelde. Puello verwies darauf, dass alle Mitglieder der CBPC der Aufnahme Kubas als vollwertigem Mitglied zugestimmt hätten. Er kündigte an, über die MLB beim US-Außenministerium eine Sondererlaubnis zu beantragen, ähnlich der, die Kuba die Teilnahme am Clásico Mundial de Béisbol ermöglichte, einem internationalen Turnier von Nationalmannschaften, an dem ebenfalls Spieler der MLB teilnehmen.
Die Wiedereingliederung in die Serie del Caribe sehen einige Beobachter als einen weiteren Schritt zu einer vorsichtigen Öffnung Kubas zum Profisport. Viele Spitzensportler, darunter Dutzende Baseballspieler, haben sich in den vergangenen Jahren ins Ausland abgesetzt und in Kauf genommen, als »Deserteure« und »Verräter« tituliert zu werden. Nicht wenige triumphieren heute in der MLB: Kendrys Morales, Alexei Ramírez, Yoenis Céspedes, Aroldis Chapman und Yasiel Puig. Sie verdienen Millionengehälter, während die auf Kuba Gebliebenen »Amateurgehälter« beziehen. Hinzu kommt ein unübersehbarer sportlicher Verlust für die kubanische Liga, da viele der Besten das Land verlassen haben.
All dies hat tiefe Wunden in der kubanischen Gesellschaft und im kubanischen Sport hinterlassen. Zwar wird offiziell weiterhin hartnäckig an der Politik des Amateursports festgehalten – in Zeiten, in denen selbst bei Olympia wie selbstverständlich Profisportler teilnehmen, mag das anachronistisch wirken –, aber die Regelung wird langsam aufgeweicht, ohne im Kern geändert worden zu sein. So war gerade erst drei kubanischen Spitzenspielern, Alfredo Despaigne, Yordanis Samon und Michel Enríquez, mit Segen des Verbandes erlaubt worden, bei den Piratas de Campeche, einem Team der mexikanischen Profiliga, Verträge zu unterschreiben. Im August kehrten sie zu ihren Heimatvereinen in Kuba zurück. Die drei sind damit die ersten aktiven Spieler, denen erlaubt wurde, professionell im Ausland Baseball zu spielen. Zuvor war dies nur Spielern gestattet worden, die bereits ihre Baseballhandschuhe an den Nagel gehängt hatten.
Für die MLB ist eine vergleichbare Regelung allerdings ausgeschlossen. Denn um in der sportlich, aber auch finanziell attraktivsten Liga der Welt spielen zu können, werden kubanische Athleten gezwungen, jedwede Verbindung nach Kuba abzubrechen – eine Regelung, die einzig für kubanische Sportler gilt. So will es die Exportkontrollbehörde des US-Finanzministeriums, kurz OFAC (Office of Foreign Assets Control). Unter dem Kürzel CACR (Cuban Assets Control Regulations) ist festgelegt, dass jegliche Transaktion mit Kuba einer speziellen Genehmigung bedarf.
Das treibt manchmal seltsame Blüten. Wie vor fast zwei Jahrzehnten, als die Toronto Blue Jays, seit dem Ausscheiden der Montreal Expos das einzige verbliebene kanadische Franchise in der MLB, Kubas Baseball-Legende Omar Linares nur für die Heimspiele des Teams, also Begegnungen außerhalb des US-Territoriums, zu verpflichten versuchten. Beide Seiten waren sich einig, doch in letzter Minute mussten die Blue Jays einen Rückzieher machen, da es ihnen als Mitglied einer Profiliga mit Sitz in den USA nicht erlaubt war, Gehalt an einen kubanischen Sportler zu zahlen.