Fußball in Ungarn

Derbes Derby

In Ungarn befinden sich Fußballfans, Verband und Politik im Dauerkonflikt.

Erstmals seit der WM 1986 in Mexiko hat das Auswahlteam des ungarischen Fußballverbandes eine realistische Chance, sich für ein großes Turnier zu qualifizieren. Doch der hiesige Fußball befindet sich in einer Krise, und der Grund dafür ist die Auseinandersetzung um die Fankurven.
Beim WM-Qualifikationsspiel in Rumänien kam es bei der Anreise, aber auch später in Bukarest zu teils schweren Ausschreitungen. Das Hinspiel in Budapest im März hatte bereits vor leeren Rängen stattfinden müssen, nachdem es Ende 2012 beim Spiel gegen Israel zu antisemitischen Beleidigungen von Seiten der ungarischen Fans gekommen war. Während des Spiels kam es vor dem Stadion dann wiederum zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Hooligans und der Polizei.
Das Derby zwischen Rekordmeister Ferencváros und den Nachbarn von Újpest am 22. September im Budapester Puskás-Ferenc-Stadion war eine gute Gelegenheit, einen Eindruck davon zu bekommen, wie es um die ungarische Fankultur bestellt ist. Während die Gastgeber auf dem Feld ein frühes 0:1 noch sensationell in ein 3:1 verwandelten, hallten von den Rängen auf beiden Seiten antiziganistische Gesänge. »Großungarn«-Fahnen hingen an den Zäunen und es kam im Gästeblock zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen Fans und Ordnungskräften samt fliegenden Plastiksitzschalen und Pfeffersprayeinsatz.
Wirklich beeindruckend, und das durchaus im positiven Sinne, war hingegen das Feuerwerk, das die Ultrakurve rund um die Gruppe »Green Monsters« zu Beginn der zweiten Halbzeit abbrannte. Minutenlang rauchte, blitzte, leuchtete und knallte es in einem Ausmaß, das in deutschen Stadien völlig unvorstellbar wäre. Inmitten des grünen Rauchs war dabei ein Banner zu erkennen, das sich mit »allen ungarischen Fans« solidarisierte. Hintergrund waren die landesweiten Proteste gegen die Einführung einer für den Ticketkauf notwendigen Registrierung. Die Ultras von Újpest hatten deshalb sogar das Derby boykottiert.
Ähnliche Ereignisse sind aus Italien und Polen bekannt. In beiden Ländern haben sich die Verbände am Ende durchgesetzt. Die meisten Ultras haben klein beigegeben oder aber sich aus den Stadien verabschiedet. Dass es in Ungarn anders laufen wird, ist – gerade mit Hinblick auf die rechte Regierung – schwer vorstellbar.