Ungarns Rechte und das iranische ­Regime

Die Achse Budapest-Teheran

Ungarns Rechte und das iranische Regime pflegen außergewöhnlich gute Beziehungen.

Im Rahmen eines obskuren rassenmythologischen »Turanismus«, der zum ideologischen Leitbild der gen Osten orientierten neuen magyarischen Außenpolitik geworden ist, werden in Viktor Orbáns Ungarn nicht nur die Gemeinsamkeiten mit den »zentralasiatischen Völkern« in Kasachstan, Kirgisien, Usbekistan und Turkmenistan beschworen, sondern auch die mit dem Iran. Bei der rechtsradikalen Konkurrenz der Fidesz gibt es sogar eine besonders enge Kooperation: Zwischen Jobbik und dem Botschafter des iranischen Regimes in Ungarn findet ein regelmäßiger Austausch statt. Seit Jahren versuchen die Nachfolger der nazistischen Pfeilkreuzler mit ihrer »Garde« eine schon jetzt an die iranischen Revolutionswächter erinnernde Parallelarmee aufzubauen, die EU-Parlamentarierin Krisztina Morvai hat an Konferenzen des Regimes der Holocaust-Leugner in Teheran teilgenommen und der Parteivorsitzende, Gábor Vona, hatte vor den Parlamentswahlen 2010 den damaligen iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad aufgefordert, Revolutionswächter als Wahlbeobachter nach Ungarn zu schicken.

Insofern ist es nicht weiter überraschend, dass die Partei sich regelmäßig mit dem iranischen Regime solidarisiert und auch in diesem Punkt die Politik des Fidesz unterstützt, die um einen Ausbau der ökonomischen Beziehungen mit dem Iran bemüht ist. Die Regierung Orbáns hat zwar die Beschlüsse der EU zur Teilsanktionierung der iranischen Zentralbank und zu neuen Sanktionen gegen Ölimporte aus dem Iran, die Ungarn kaum betreffen, im Sommer 2012 mitgetragen, gleichzeitig finden aber immer wieder Treffen iranischer Gesandter mit Bürgermeistern und Regionalpolitikern des Fidesz statt. Offensichtlich möchten Letztere gerne dort in die Bresche springen, wo westeuropäische Politiker Unternehmern nahelegen, auch auf gerade noch legale Geschäfte mit dem iranischen Regime besser zu verzichten.
Iranische Nachrichtenagenturen bezeichnen Ungarn als Tor »in Richtung Mittel- und Osteuropa«. Das iranische Regime will zum einen der eigenen Bevölkerung signalisieren, dass das Land trotz des steigenden internationalen Drucks weiterhin gute Beziehungen zu europäischen Ländern unterhalte. Zum anderen suchen die Iraner verzweifelt nach Alternativen zu ihren traditionellen ökonomischen Beziehungen in Europa, die durch die bisherigen Sanktionsbeschlüsse zwar keineswegs brachliegen, aber doch mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert sind.
Besonders bemüht um das ungarisch-iranische Verhältnis ist Márton Gyöngyösi, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Jobbik, der 2012 durch den Vorschlag einer »Judenzählung« im Budapester Parlament von sich reden machte. Der Diplomatensohn ist in mehreren muslimisch geprägten Ländern aufgewachsen, spielte eine zentrale Rolle bei der proislamischen Positionierung der Jobbik und kooperiert mit Ali Hossein Jahromi, einem sowohl in Ungarn als auch in Wien tätigen Geschäftsmann, der versucht, die ungarisch-iranischen Beziehungen insbesondere im ökonomischen Bereich zu institutionalisieren und durch gegenseitige Besuche zu fördern.
Im Oktober 2010 gründete das ungarische Parlament eine Abgeordnetengruppe zur Pflege der »ungarisch-iranischen Freundschaft« und das Majles, das Pseudoparlament in Teheran, initiierte das iranische Pendant, womit an ähnliche Initiativen aus der ersten Amtszeit von Orbán zur Jahrtausendwende angeknüpft wurde. Einen Monat später besuchte der stellvertretende iranische Außenminister Ali Ahani Budapest. Tiszavasvári, jener Ort im Osten Ungarns, der von Jobbik als eine Art »Hauptstadt der Bewegung« betrachtet wird, hat 2011 eine Städtepartnerschaft mit dem iranischen Ardabil geschlossen. Jobbik macht zwar auch Anstalten, sich der arabischen Welt an den Hals zu werfen, und hat beispielsweise 2010 zum Jahrestag der Anschläge vom 11.September einen »Tag der ungarisch-arabischen Freundschaft« veranstaltet, doch mit keinem Regime des Nahen Ostens sind die Gemeinsamkeiten so groß wie mit dem iranischen.

Es ist allerdings ausgesprochen fraglich, ob die sowohl vom Fidesz als auch von Jobbik betriebene Annäherung an das iranische Regime samt Ausbau der bisher vergleichsweise unterentwickelten ökonomischen Beziehungen oder auch die wirtschaftlich bedeutsamere Intensivierung der Beziehungen zu China und Russland eine ernsthafte Alternative zur EU darstellen kann, gegen die Orbán zumindest rhetorisch zu Felde zieht. Nur macht die Erfolglosigkeit vieler Projekte der völkisch-autoritären Kräfte in dem mittelosteuropäischen Land die Hetze der ungarischen Rechtsparteien kein bisschen weniger gefährlich. Es steht zu befürchten, dass die Angriffe auf all jene, von denen sich immer mehr Ungarn in wahnhaften Projektionen bedroht fühlen, umso aggressiver werden, je mehr sich die Wirtschaftspolitik der Regierung Orbáns als aussichtsloser Versuch erweist, den von Liberalen so gerne als »Sachzwänge« verklärten Gesetzen des Weltmarkts etwas entgegenzusetzen. Darin unterscheiden sich die ungarischen Antisemiten nicht von ihren iranischen Freunden.