Die Partei »Die Rechte« nach ihrer Wahlniederlage

Mit Siggi zum Sieg

Für »Die Rechte« war die Bundestagswahl ein Debakel. Nun konzentriert sich die Partei auf kleinere Dinge.

Das Ergebnis ist ziemlich mickerig: 2 288 Zweitstimmen. Und auch wenn die beiden letzten Ziffern durchaus passend erscheinen, dürften die Vertreter der Partei »Die Rechte« bei der Bundestagswahl mit einem höheren Anteil als 0,02 Prozent der Stimmen gerechnet haben. Die im vergangenen Jahr gegründete Partei um Christian Worch war zwar nur in Nordrhein-Westfalen angetreten, doch ein Abschneiden unterhalb der Promillegrenze ist selbst für die an Niederlagen gewöhnte militante Neonaziszene hart. Sogar die als Konkurrenz angesehene NPD konnte im bevölkerungsreichsten Bundesland etwa 94 000 Wähler für sich gewinnen. Bundesweit waren es ungefähr 560 000, die der NPD ihre Stimme gaben, also knapp 1,3 Prozent.

»Die Zahlen zeigen, dass die extreme Rechte bei der Bundestagswahl nicht die erhofften Zuwächse bekommen hat und weit hinter den Erwartungen zurückblieb«, sagt Alexander Häusler, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf. Allerdings sieht er im Fall der »Rechten« nur geringe ernsthafte parlamentarische Ambitionen. Bei der Bundestagswahl sei die Partei vor allem angetreten, um ihren Status als legale Partei zu untermauern. »Worch hat sich das Label ›Die Rechte‹ in Abgrenzung zur NPD schützen lassen, seit dem Verbot mehrerer neonazistischer Kameradschaften in Nordrhein-Westfalen hat die Organisation vor allem eine Art Schutzfunktion für militante Neonazis«, so Häusler weiter.
Das Debakel der neuen Partei hatte sich bereits einen Tag vor der Wahl angedeutet. »Die Rechte« hatte zum inoffiziellen Wahlkampfabschluss nach Wuppertal geladen. Knapp 170 Anhänger folgten dem Aufruf unter dem Motto: »Es ist immer ein Angriff auf uns alle! Gegen linken Terror und antideutsche Zustände«. Auf der von Worch angemeldeten Kundgebung sprachen die versammelten Vorsitzenden der neun Kreisverbände. Teilnehmer der Gegendemonstration berichten von Parolen wie »Nationalsozialismus jetzt«, »Deutschland erwache« und »Wir putzen unsere Stiefel mit dem Blut der Antifa«. Der Aufmarsch wurde schließlich vorzeitig aufgelöst. Worch und die weiteren Führungsfunktionäre dürften angesichts der Blamage froh sein, wenn sie genug An­hänger aufbringen können, um ihre Kräfte in den kommenden Monaten auf das östliche Ruhr­gebiet zu konzentrieren. Denn am 25. Mai 2014 sollen in Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen stattfinden.
In Dortmund, einem der Zentren der militanten Neonaziszene in dem Bundesland, stellt »Die Rechte« Siegfried »SS Siggi« Borchardt zur Wahl, einen einschlägig bekannten und mehrfach vorbestraften Neonazi. Borchardt war bereits Mitglied der 1995 verbotenen Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP) um den verstorbenen Michael Kühnen. Anfang der achtziger Jahre war er außerdem Gründungsmitglied der rechtsextremen Hooligangruppe Borussenfront. Im vergangenen Jahr feierte die Borussenfront ihr 30jähriges Bestehen, bei Fußballspielen von Borussia Dortmund skandieren Mitglieder der Gruppe rechte Parolen, aus besonderem Anlass entrollten sie ein Banner mit der Aufschrift »Solidarität mit dem NWDO« – der »Nationale Widerstand Dortmund« war am 23. August 2012 vom nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD) verboten worden.

Auch wenn Borchardt bei derartigen Vorkommnissen nicht mehr in der ersten Reihe zu sehen ist, arbeitet er offenbar weiter daran, die Reihen in und um Dortmund wieder fester zu schließen. »Die Rechte« hat ihre Landeszentrale bereits in Dortmund. Sie wird medial unterstützt von Nachrichtenportalen wie dortmundecho.org oder widerstand.info.
Ein Mandat im Stadtparlament wäre sehr hilfreich für die Partei. Bei der Kommunalwahl 2010 reichten der NPD etwa 2 700 Stimmen für zwei Sitze. »Auch wenn das Potential der Partei ›Die Rechte‹ landesweit relativ klein sein dürfte, könnte es in Dortmund reichen«, sagt Alexander Häusler. Auch einen Einzug in die kleineren Bezirksvertretungen könne man nicht ausschließen, da die militanten Neonazis sich in den Stadtteilen konzentriert hätten. Sollte »Die Rechte« der NPD entscheidende Stimmen abnehmen, könnte das zu weiteren Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Parteien führen.
Der überwiegende Teil der etwa 300 Mitglieder der »Rechten« kommt aus den Kreisen der freien Kameradschaften, etwa aus der aufgelösten Kameradschaft Hamm und der Kameradschaft Aachener Land, von den »Autonomen Nationalisten« oder vom NWDO, wie beispielsweise der Landesvorsitzende Dennis Giemsch. Worchs Aussage, seine Partei sei zwar »radikaler als die Rep- und die Pro-Bewegung«, aber »weniger radikal« als die NPD, lässt sich vor diesem Hintergrund nicht aufrechterhalten.
Auch eine andere Tatsache spricht gegen Worchs Behauptung: Etliche militante Neonazis wollten die von dem NPD-Parteivorsitzenden Holger Apfel propagierte Politik der »seriösen Radikalität« nicht länger unterstützen, sie wandten sich von der NPD ab und der »Rechten« zu. Allerdings seien die Nationaldemokraten nach wie vor in der militanten Neonaziszene verankert, sagt Alexander Häusler. »Bei ihnen muss man jedoch, anders als bei der Partei ›Die Rechte‹, zwischen der Wählerschaft und den aktiven Anhängern unterscheiden. Gerade letztere knüpfen immer noch den Kontakt zu den freien Kameradschaften.« Nicht nur bei Aufmärschen oder Kundgebungen wird dies offensichtlich. Im Juli etwa löste die Polizei Dortmund ein von der NPD Unna öffentlich beworbenes »Solidaritätskonzert« für den NWDO mit der Rechtsrock-Band Sleipnir auf. 300 Neo­nazis waren der Einladung gefolgt.

In Dortmund selbst ist das Verhältnis zwischen der NPD und den militanten Neonazis ein anderes. »Die Rechte« betreibt dort eine Kampagne gegen den NPD-Kreisvorsitzenden Matthias Wächter, den sie als »Polizeizuträger« und »Spitzel« bezeichnet. Wächters Wohnhaus wurde beschmiert, am Haus seines NPD-Ratskollegen Axel Thieme wurden Fensterscheiben zerstört. Auf einschlägigen Internetseiten werden die Taten ehemaligen Mit­gliedern des NWDO zugeschrieben, Anlass sei die Weigerung Wächters, nach dem Verbot des NWDO »heimatlosen« Kameradschaftlern Unterschlupf in der NPD zu gewähren.
Bei der anstehenden Kommunalwahl könnte dies dazu führen, dass der NPD die entscheidenden Stimmen für den Wiedereinzug in den Rat fehlen. Aus taktischer Sicht wäre die Schwächung der Konkurrenz ein Erfolg für Worch und seine Gefolgsleute. Die Hauptmotivation für den Wahlantritt dürfte jedoch weiterhin sein, militante Politik mit dem Status einer Partei fortzuführen.