Feige Elche!

Ikea ist Kult. Denn das schwedische Unternehmen macht Möbel für Massen in Massen. Weltweit und sehr erfolgreich. Weil ein Selbstbauregal wie »Billy« eben nicht nur praktisch, sondern auch preiswert ist. Jeder hat also sein heimisches Glück selbst in der Hand. »Demokratisches Design für alle«, so lautete einst die Idee von Firmengründer Ingvar Kamprad. Und diese Maxime findet in Slogans wie »Wohnst du noch oder lebst du schon?« den Weg in die Köpfe von Millionen Verbrauchern.
Nur: Wenn’s darauf ankommt, ist es beim Konzern mit den von ihnen selbst propagierten Werten wie Liberalität, Toleranz, Freiheit und Gleichheit offenbar nicht weit her. Statt dessen lenken Obrigkeitsdenken, Duckmäusertum, vorauseilender Gehorsam die Verkaufsstrategien. Zumindest, wenn sich die Inneneinrichter mit repressiven staatlichen Vorgaben konfrontiert sehen.
Anders kann man wohl kaum erklären, was gerade in Russland passiert ist. Dort wurde die Geschichte zweier lesbischer Frauen, die in London ein Kind aufziehen, vorsorglich aus dem Kundenmagazin Family gestrichen. Der Grund: Man möchte möglichem Ärger mit dem Kreml und einem eventuellen Rechtsstreit aus dem Weg gehen. Denn das dortige Recht stellt seit kurzem positive Äußerungen über Homosexualität unter Strafe. Und was tut der Möbelkonzern? Folgt brav den Anweisungen und knickt damit vor den Mächtigen ein.
Vielleicht sollte Ikea bei Werbeaktionen in Russland künftig das Maskottchen austauschen. Der Elch passt nicht so recht zur demonstrativen Staatsnähe. Ein Bär wäre wohl angebrachter. Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass der Konzern sich lieb Kind bei den Herrschenden macht. Erst im September löschte Ikea Bilder von seiner russischen Internetseite. Darauf waren Jugendliche zu sehen, die bunte Skimasken trugen – sicherlich eine Anspielung auf die Punkband Pussy Riot, deren Mitglieder zuvor wegen »Blasphemie« inhaftiert worden waren. So viel Kritik am Wladimir-Putin-Staat war den Managern dann doch zu heikel. Also weg damit. Man will ja schließlich auf dem Wachstumsmarkt Russland Geschäfte machen. Die Begründung für den Rückzug lässt sich übrigens folgendermaßen: Ikea arbeite jenseits von Politik und Religion. »Wir können nicht zulassen, dass unsere Werbung für irgendeine Kampagne genutzt wird.« Eine recht weit hergeholte Rechtfertigung für Selbstzensur.
Aber Ikea kann auch anders! Im katholischen Italien zogen die Schweden den Zorn der Traditionalisten auf sich, weil zwei schwule, Händchen haltende Männer Werbung für die »FamilyCard« machten. Dieser Mut rührt vermutlich daher, dass im kriselnden Italien wohl nicht so viel Geld zu machen ist wie in Russland. Dort gilt weiter die Devise: Erst das Geschäft, dann die Moral.