Talmi

Im Park

Nur wenige Fußminuten von der Deutschen Bank in Frankfurt entfernt liegt der kleine reizlose Grüneburgpark – zwei Dutzend Hektar Flächenbegleitgrün jener Mach­art, die Stadtplaner »Oase der Ruhe« heißen. Nachmittags gestalten dort hektisch summende Banker und ihre Mätressen die knapp bemessene Quality Time, abends werden studentische Picknicks geduldet. Nur einmal im Jahr ist richtig was los: Zum JP-Morgan-Lauf, wenn die grässlichsten Firmen des Landes ihre hohlsten Mitarbeiter ins Rennen schicken, verwandelt sich der Park in einen hyperkapitalistischen Spaß-Gulag. Die Basis-Camps der Firmenteams werden hier aufgeschlagen; jede Parzelle mit eigenem Bierausschank, Bratwurstregal und nervöser Security, die darüber wacht, dass sich auch alle brav zu Tode amüsieren. Kurz, der Park hat Schrecken genug gesehen, und selbst in Friedenszeiten ist dem Spaziergänger stets so, als wandere er über ein antikes Schlachtfeld, als liege Pulver- oder wenigstens Bratwurstdampf in der Luft. Es ist die Art Anspannung, die willig in nacktes Entsetzen umschlägt, wenn der Spaziergänger etwa – joggende Kinder sieht. Joggende Kinder! Zehnjährige, dünn wie Brechbohnen, gehüllt in jene Art Trainingsleibchen, für die man in Spezialgeschäften vierstellige Beträge hinlegen muss, wackeln engagiert durch die Gegend, schauen auf Blutdruckarmbanduhren und kommen sich dabei mindestens so erwachsen und wichtig vor wie ihre Väter, die 20 Stockwerke drüberweg Südeuropa abwickeln. Was soll aus solchen rettungslos zugerichteten Kindsruinen werden? Tauben und Kaninchen kann man vergrämen – aber Kindervergiften im Park? Andererseits könnte man ihnen, könnte man der Welt so viel Leid ersparen! Das Grünflächenamt muss jetzt handeln.