Platte Buch

Immer offen

Als dieser Text geschrieben wird, ist der Kühlschrank der Autorin leer und die Ladenöffnungszeiten sind längst vorbei. Ein aufweckendes Getränk tut Not, Schokolade, vielleicht auch eine stärkende Fertigsuppenmahlzeit. Kein Grund zu verzweifeln. Denn ob rechts, links oder geradeaus, in wenigen Metern Entfernung findet sich in jeder Richtung des Hauses ein Spätkauf, einer jener kleinen Läden, die rund um die Uhr geöffnet haben. »Der Späti«, so bringt es einer seiner Kunden treffend auf den Punkt, »ist ein Stück Freiheit und ermöglicht es, nicht nach der Norm/Uhr ticken zu müssen.« Nach Schätzungen gibt es in Berlin 900 Spätis mit durchschnittlich 200 Kunden täglich, hält Christian Klier anerkennend fest. Hier treffen sich Nachbarn, oft ohne sich zu kennen. In dem hübschen, bunten Buch, das einst seine Kunst-Diplomarbeit war, hat der Autor den Tante-Emma-Laden von heute in Text und Bild gewürdigt. Dabei gleicht kein Späti dem anderen: Es gibt Back-Spätis, Tele-Spätis und klassische Bier-Spätis. Einige haben zusätzlich Werkzeuge im Angebot, andere Schuhe, Waffen oder exklusive Magazine.
Und auch zur Weihnachtszeit macht der Späti keine Pause. Dabei bleibt es jedem selbst überlassen, ob er das fünfgängige Späti-Menü, kreiert von zwei Sterneköchen, selbst zubereitet oder sich auf den Weg zu Jashim und Regina macht. In ihrem Weddinger Eck-Späti, verrät der Autor, zaubern die einsamen Gestalten alle Jahre wieder ein leckeres Feiertagsessen.

Christian Klier: Der Späti. Eine Ortsuntersuchung in Berlin. Berlin-Story-Verlag, Berlin 2013, 176 Seiten, 9,95 Euro