Talmi

Adbusting

Kann man Werbung verhindern? Kann man sich bewusst dem allgegenwärtigen Aufmerksamkeitsgejaule der Marken entziehen? Was nützt et­wa das allwöchentliche werbekritische Gejammer an dieser Stelle? Wenig, ja nichts, das ist die Wahrheit. Wenn ich dereinst dement auf dem Sterbebett liege und diese Zeilen, ja die ganze Jungle World und wei­te Teile des Alphabets vergessen habe, wird mir dennoch der Jingle von »Krönung light« aus den Neunzigern durch den Kopf gehen – der endlose Ohrwurm als kleiner Vorgeschmack aufs Fegefeuer, wo ich die Plörre wohl auch trinken muss. Deswegen ist alle Reflexion auf Werbung nur Katastrophenberichterstattung – verhindern lässt sie sich dadurch nicht. Meist ist die Abwehrreaktion auf Werbung sogar Teil ihrer Wirkung. Die brillante Stupidität eines Songs wie »Carglass repariert, Carglass tauscht aus« sorgt dafür, dass die Botschaft weitergetragen wird, gerade dadurch, dass man versucht, sich über sie lustig zu machen. Wenn ein paar süße junge Leute, wie eben geschehen, Plakate von McDonald’s mit Rezepten für Spaghetti Bolognese überkleben, ist das sicher gut gemeint – doch das Vergnügen am schlechten Gewissen, bei McDonald’s zu essen, ist bereits Teil der Konsumstrategie, und der Rat, doch mal was Gesundes zu essen, bekommt gleich etwas Tantenhaftes. Und wenn die Firma Brita auf Facebook für einen sagenhaft teuren Wasserhahn wirbt, der auf Wunsch Mineralwasser erzeugt (»Der Wasserhahn, der sogar sprudeln kann«), sind die Kommentare meist dümmer als die Werbung: »Kohlensäure übersäuert, echtes Filtern geht nur über Umkehrosmose. Sinnvoll wäre noch eine Levitation nach Hacheny/Schauberger sowie ein ›Informationsreset‹ – siehe Wasser als Informationsträger.« Gegen solchen Unsinn wirkt die schwachsinnige Zapfanlage wie strahlendste Vernunft.