»Zu viele Merkwürdigkeiten«

»Kriegen Sie da nichts raus.« Mit diesen Worten an untergebene Polizisten soll Werner Jakstat, der damalige stellvertretende Präsident und derzeitige Präsident des Landeskriminalamts Thüringen, nach Informationen von »Report Mainz« die Fahndung nach dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) im Jahr 2003 verhindert haben. Vorausgegangen war ein stichhal­tiger Hinweis eines ehemaligen Schulfreundes von Uwe Böhnhardt. Katharina König, Obfrau der Linksfraktion im Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss, hat mit der Jungle World gesprochen.

Sie haben Herrn Jakstat vor kurzem im Untersuchungsausschuss befragt. Welchen Eindruck haben Sie gewonnen?
Wir wussten zu der Zeit zwar noch nicht, dass es eine eidesstattliche Erklärung gibt von dem Polizisten aus »Report Mainz«, der Herrn Jakstat belastet. Aber direkt befragt zu dem Hinweis von 2003 und den nicht stattgefundenen Ermittlungen hat er gesagt, er habe damit nichts zu tun.
Konnte er das glaubhaft belegen?
Was er nicht erklären konnte: Es gibt ein Schreiben von ihm vom September 2003, in dem er polizeiliche Maßnahmen zum NSU auflistet: eine Ermittlung des BKA zu einer Person, die als Gefangener aus Kiew überführt wurde, und eine Telefonüberwachung aufgrund eines anonymen Anrufs. Dann gab es noch den entscheidenden Hinweis eines ehemaligen Freundes von Böhnhardt, auf den hin aber keine Ermittlungen stattfanden.
Wie hat Herr Jakstat das erklärt?
Er hat gesagt, er könne sich das nicht erklären und habe nichts damit zu tun. Wenn er nun sagt, die eidesstattliche Erklärung sei eine Lüge, kann ich das nicht glauben. Es gibt zu viele Merkwürdigkeiten, zu viele Fragen.
Wird es weitere Schritte in der Angelegenheit geben?
Ich möchte Herrn Jakstat noch einmal konkret zu der Sache hören, und auch die Polizisten, die 2002 und 2003 damit befasst waren. Meine Partei hat deshalb eine Sondersitzung des Untersuchungsausschusses gefordert.
Wenn es so war, wie in »Report Mainz« dargestellt, wäre das eine neue Qualität in der langen Reihe der NSU-Skandale?
Ja. Die bisherigen Skandale betrafen mehrheitlich den Verfassungsschutz. Träfe es zu, dass der derzeitige LKA-Präsident von Thüringen damals die Anweisung gegeben hat, es solle nicht mehr ermittelt werden, wäre das eine neue Qualität. Das würde heißen, dass hochrangige Polizeibeamte die Fahndung nach dem NSU-Trio nicht nur be-, sondern sogar verhindert hätten.