Den kaukasische Jihadismus

Die wollen nicht spielen

Mit den Anschlägen in Wolgograd bringen sich die kaukasischen Jihadisten wieder ins Gespräch.

Es gibt viele gute Gründe, Wladimir Putin nicht zu mögen, von seinen Macho-Posen bis zu den Zuständen in den Straflagern Russlands. Manche dieser Gründe werden nun, da westliche Politiker sich entscheiden müssen, ob sie die Olympischen Spiele in Sotschi besuchen, häufiger genannt. Einer aber scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Putin verdankt seinen Aufstieg zum Präsidenten vor allem dem zweiten Tschetschenien-Krieg, in dem er sich als entschlossener Feldherr präsentierte.
Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen wurden in den beiden Tschetschenien-Kriegen 200 000 Zivilisten getötet, gemessen an der Bevölkerungszahl von nur 1,2 Millionen ein Massaker, das in den vergangenen Jahrzehnten wohl nur noch die génocidaires in Ruanda und Pol Pot übertroffen haben. Kämpften die tschetschenischen Milizen im ersten Krieg noch für nationale Unabhängigkeit, setzten sich aufgrund der Warlordisierung der Region schließlich jihadistische Gruppen durch, die ihre Brutalität mit zahlreichen Anschlägen auf Zivilisten unter Beweis stellten.
In der globalen Konkurrenz um Geldgeber und Rekruten sind die Jihadisten des Kaukasus jedoch ins Hintertreffen geraten, da andere Operationsgebiete wie Syrien mehr Ruhm und Macht verheißen. Dass sie die günstige Gelegenheit nutzen, um sich wieder ins Gespräch zu bringen, überrascht nicht. Doku Umarow, der sich als Emir des Kaukasus bezeichnet und derzeit der wohl bedeutendste Jihadistenführer der Region ist, hatte bereits im Sommer dazu aufgerufen, die Olympischen Spiele zu verhindern. Im Oktober kam es zu einem ersten Anschlag in Wolgograd, dem nun zwei weitere folgten, denen mehr als 30 Menschen zum Opfer fielen.
Der zweite, schon unter nochmals verschärften Sicherheitsmaßnahmen verübte Anschlag belegt, dass der russische Polizei- und Geheimdienstapparat die Lage nicht im Griff hat. Auch das überrascht nicht, denn die Mischung aus Terror, Korruption und Unfähigkeit, mit der Tschetscheniens Präsident Ramzan Kadyrow und andere Machthaber im Kaukasus herrschen, ermöglicht es den Jihadisten, in den failed republics Südrusslands ihre Netzwerke zu erhalten. Gekämpft wird im Kaukasus nur noch sporadisch, aber der Krieg ist nie beendet worden.