Rohes neues Jahr

Gut fängt das neue Jahr für ihn nicht gerade an. Seit Wochen demonstrieren Zehntausende gegen seine autoritäre Herrschaft und die friedlichen Proteste nehmen weiter zu. Um noch bis ins Alter von 74 regieren zu können, wie er einst als seinen Plan verkündete, muss sich der kambodschanische Ministerpräsident Hun Sen wohl schnell etwas einfallen lassen. Immerhin hat es der 61jährige, ein ehemaliger Kämpfer der Roten Khmer und später ein Verbündeter der vietnamesischen Besatzer Kambodschas, geschafft, sich bereits seit 1985 an der Spitze zu halten. Das durch jahrelangen Krieg und die Diktatur der Roten Khmer zerstörte und entvölkerte Land erfuhr unter seiner Herrschaft immerhin wirtschaftliches Wachstum. Doch wollen viele Kambodschanerinnen und Kambodschaner ihm nicht dafür danken, dass nun der Textilsektor dank Niedriglöhnen boomt, großzügig Land und Lizenzen zur Ausbeutung von Bodenschätzen an internationale Unternehmen verhökert werden und die wichtigsten Medien von ihm und seiner Kambodschanische Volkspartei (CPP) kontrolliert werden. Auch dass die CPP bei den Wahlen im Juli 2013 tatsächlich gewonnen hat, bezweifeln einige. Die 55 Abgeordneten der oppositionellen Partei CNRP von Sam Rainsy boykottieren seit der ersten Sitzung im September das neue Parlament und größere Proteste auf der Straße gab es ebenso. Bei damaligen Verhandlungen zwischen ihm und Rainsy wollte sich Hun Sen aber nicht auf die geforderten Neuwahlen und gar seinen Rücktritt einlassen.
An den gegenwärtigen Protesten beteiligen sich unter anderem von Räumung Bedrohte, Staatsangestellte, die höhere Gehälter fordern, Anhänger Rainsys und seiner Partei und buddhistische Mönche, die vor allem erbost darüber sind, dass am 10. Dezember wichtige Relikte vom Berg Odong unbemerkt geraubt werden konnten. Der höhere buddhistische Klerus unterstützt hingegen Hun Sen. Doch auch Hunderttausende Textilarbeiterinnen und -arbeiter, die sich seit Ende Dezember im wilden Streik befinden, mischen sich unter die Protestierenden. Sie fordern eine Verdoppelung des Mindestlohns von 80 auf 160 US-Dollar, die Regierung erhöhte ihn aber nur um 15 US-Dollar. Hun Sens Regierungsmitglieder warnen angesichts der Streiks vor den wirtschaftlichen Folgen und Arbeitslosigkeit, immerhin setzt der Textilsektor fünf Milliarden US-Dollar im Jahr um. Vielleicht muss der Kaiser demnächst ja nackt rumlaufen.