»Homosexualität als Sünde«

Die Petition »Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens« findet in Baden-Württemberg großen Zuspruch. Sie richtet sich gegen die »Akzeptanz sexueller Vielfalt« als Leitprinzip des Schulunterrichts und die Beschäftigung der Schüler mit verschiedenen Formen der Sexualität. Christoph Michl, Gesamtleiter und Vorstand des Christopher Street Day Stuttgart, gibt Auskunft.

Die Petition hat mittlerweile fast 60 000 Unterzeichner. Überrascht Sie das?
Ich bin durchaus überrascht von der großen Resonanz, aber vor allem erschrocken über die Kommentare, die auf der Debattenseite der Petition abgegeben werden. Die sind teilweise regelrecht abstoßend. Dass es rund um die Gleichstellung von Homosexuellen noch Gesprächsbedarf gibt, ist hingegen unstrittig.
Die Petition stammt von einem christlich-konservativen Lehrer. Kann man sich so auch die Zielgruppe vorstellen?
Definitiv. Wir haben uns die Sache im Dezember angesehen, als es noch unter 1 000 Unterzeichner waren. Es wurde deutlich, dass der Raum Calw und vor allem die Stadt Bad Liebenzell die größte Zahl an Unterzeichnern hatte. Dort ist eine überaus konservative christliche Gemeinde ansässig. Einige Tage später sprang auch die Evange­lische Allianz auf den Zug auf, die in den vergangenen Jahren immer wieder mit einer Nähe zu sogenannten Homo-Heilern aufgefallen ist. Diese Kreise sehen Homosexualität als Sünde.
Auch die Amtskirchen unterstützen die Petition.
Das ist nicht verwunderlich. Wenn im Gemeinschaftskundeunterricht zukünftig über eingetragene Lebenspartnerschaften gesprochen wird, könnte das zu unangenehmen Nachfragen bei den Religionslehrern führen. Die können nur sagen: »Homosexualität ist Sünde.« Da treten dann Widersprüche zutage.
Es gibt eine Gegenpetition, die schon über 25 000 Unterzeichner hat. Ist doch nicht Hopfen und Malz verloren im Ländle?
Das ist auf jeden Fall positiv. Ich fände es aber schwierig, die ganze Sache damit abzutun. Es ist ein virulentes Problem unserer Gesellschaft, dass die Leute nur oberflächlich eine gewisse Toleranz zeigen. Solange sich kein Arbeitskollege oder Familienmitglied outet und Homosexualität hinter verschlossenen Türen bleibt, ist alles friedlich. Sobald Homosexuelle aber etwas fordern, wie etwa die Gleichstellung mit der Ehe oder das Adoptionsrecht, brechen die alten Vorurteile wieder hervor. Und wenn ein weltoffener Bildungsplan so eine Welle auslöst, was passiert dann, wenn irgendwann die Ehe für Lesben und Schwule geöffnet werden soll?