»Keine Entschuldigung«

Im Jahr 2013 haben nur 876 Menschen ein Organ gespendet, so wenige wie seit 23 Jahren nicht mehr. Ein Gespräch mit Birgit Blome von der Deutschen Stiftung Organtransplantation.

Wie wirkt sich die geringe Zahl an Organspendern aus?
Es gab schon immer einen Organmangel, mit dem wir zu kämpfen hatten. Der gegenwärtige Rückgang ist aber eklatant. Er begann Mitte 2012, als die ersten Fälle von Manipulationen an der Warteliste für Spenderorgane bekannt wurden. Im Jahr 2013 hat sich die Entwicklung noch einmal verstärkt. Das betrifft vor allem Patienten, die auf ein Herz, eine Leber oder eine Lunge warten. Bei ihnen ist es besonders dringlich, es geht oft um Leben und Tod. Für Nierenpatienten gibt es zur Überbrückung wenigstens noch die Dialyse, aber auch hier nehmen die Erfolgsaussichten wegen langer Wartezeiten ab.
Ist der Organspendeskandal der Hauptgrund für den Mangel?
Die Zahlen weisen darauf hin. Der starke Rückgang fing mit der Aufdeckung der Manipulationen an. Umfragen verschiedener Krankenkassen haben gezeigt, dass ein Vertrauensverlust in der Bevölkerung besteht. Dieses Vertrauen muss wieder aufgebaut werden.
Ist Skepsis nicht weiterhin berechtigt?
Nein. Die Manipulationen betrafen die Verteilung der Organe. Das hat mit der Organspende selbst nichts zu tun. Aber die Menschen übertragen den Fehler an einer Stelle natürlich auf das ganze System. Was wichtig ist: Es wurden Maßnahmen ergriffen, um zukünftig solche Manipulationen auszuschließen. Nun sind mindestens drei Ärzte nötig, um einen Patienten auf die Warteliste zu setzen. Manipulationen wurden unter Strafe gestellt. Eine Kommission hat alle 24 Zentren mit Lebertransplantationsprogrammen überprüft. Nun werden noch die anderen Transplantationsprogramme überprüft. Diese Prüfungen sollen regelmäßig stattfinden.
Die Medizin ist ein Wirtschaftszweig, der wie alle anderen Gewinn bringen muss. Hat das die Manipulationen begünstigt?
Es ist kein Fall bekannt, bei dem sich ein Arzt persönlich bereichert hätte. Aber Krankenhäuser müssen wirtschaftlich arbeiten und stehen im Wettbewerb untereinander. Hinzu kommt, dass sie eine bestimmte Anzahl an Transplantationen vorweisen müssen, um ihre Programme aufrechtzuerhalten. Es besteht also auch ein wirtschaftlicher Druck. Ein Grund für manche Manipulation kann aber auch gewesen sein, dass Ärzte langjährigen Patienten helfen wollten. Das ist natürlich keine Entschuldigung.