Die SPD und die Regierung

Zaghafte Schritte

Was tun eigentlich diese neuen Ministerinnen und Minister von der SPD? Und wie heißen sie nochmal?

Etwas länger als einen Monat ist die Große Koalition nun im Dienst, und es fällt noch immer schwer, sich die Namen der neuen Ministerinnen und Minister zu merken – oder sich überhaupt daran zu erinnern, dass auch die SPD an der Regierung beteiligt ist. Die ersten Aktivitäten der sozialdemokratischen Kabinettsneulinge lassen sich daher am besten als Versuche sehen, sich um jeden Preis ins Gespräch zu bringen.
Beispielsweise Manuela Schwesig: Kurzes Googeln ergibt, dass es sich um die neue Familienministerin handelt. Und dass sie neulich ihren Einfall vorstellte, eine steuerfinanzierte 32-Stunden-Woche für Eltern kleiner Kinder einzuführen, um Väter zu motivieren, mehr Zeit mit dem Nachwuchs zu verbringen. Das klingt ebenso kuschelig sozialdemokratisch wie im real existierenden Kapitalismus undurchsetzbar, und siehe da: Kaum war der Vorschlag in der Welt, da war er dank des Widerspruchs der Wirtschaftsverbände und des Koalitionspartners CDU auch schon wieder vergessen. Den Namen Manuela Schwesig kann sich immer noch keiner merken.
Auch Andrea Nahles, seit kurzem Arbeitsministerin, will familienfreundlichere Arbeitsplätze. Statt aber so unklug mit konkreten Ideen an die Öffentlichkeit zu treten wie die Kollegin im Fami­lienressort, beließ sie es bei wolkigen Forderungen nach einer »neuen Unternehmenskultur« und flexibleren Arbeitszeiten. Die Schau wurde ihr dennoch von ihrer Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) gestohlen, die als frischgebackene Verteidigungsministerin Ähnliches verkündete, nur eben für die Bundeswehr. Betrachtet man die Vorschläge der drei Ministerinnen zusammen, dann dürfte das ideale Arbeitsmodell der Zukunft die Teilzeitarbeit im Home Office sein, von dem aus Vatermutterkind gemeinsam Kampfdrohnen fernsteuern.
Einem anderen Thema widmete sich der sozialdemokratische Justizminister Heiko Maas. Er sagte, er wolle mit einem Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung erst einmal abwarten, bis der Europäische Gerichtshof über die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden EU-Richtlinie entschieden habe. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, gäbe es nicht die Union, die keinen Monat vergehen lassen kann, ohne eine schärfere Überwachung des Internet zu fordern. Und so konnten sich die Medien auf etwas stürzen, das sie mangels interessanterer Meldungen aus dem Regierungsviertel zum »Koalitionsstreit« aufblähten. Dies ging zum Leidwesen der von Zeilengeld lebenden Zunft aber nur so lange, bis auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) befand, das Gesetz könne bis zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs warten. Doch immerhin hat sich der Justizminister in die Schlagzeilen gebracht und kann sich als Vorkämpfer der Online-Bürgerrechte präsentieren. Und aufgeschoben heißt ja nicht aufgehoben.
Demnächst dann in diesem Theater: Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußert sich zur Problematik der statischen Instabilität von Gebinden regionaltypischer Grundnahrungsmittel auf dem Staatsgebiet einer asiatischen Großmacht. Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel findet heraus, dass man Wasser auch nur mit Kohle- und Atomenergie kochen kann. Und: Schrecklicher Verdacht! Hat das Kabinett den Namen der Ministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vergessen?