»Fokus auf dem Nazischeiß«

Statt eines großen Trauermarsches wollen Neonazis am 13. Februar in Dresden in diesem Jahr nur noch eine Kundgebung an einem festen Ort abhalten. Antifaschisten wollen diese verhindern und auch das offizielle Gedenken der Stadt stören. Zwei Mitglieder der Kampagne »No Excuses – Put an end to the Myth of Dresden!« haben mit der Jungle World gesprochen.

Die Teilnehmerzahlen der Naziaufmärsche sanken in den vergangenen Jahren beständig, statt eines Trauermarsches wollen die Nazis in diesem Jahr nur noch eine Kundgebung abhalten. Kann man Entwarnung geben?
Entwarnung kann man nicht geben. Selbst wenn der Aufmarsch ausfällt, stellen Nazis 365 Tage im Jahr eine Gefahr dar. Ohne den Aufmarsch ist aber unser zentrales Konzept passé, das bedeutet, dass wir mit anderen Aktionsformen reagieren müssen.
Ist das offizielle Gedenken mittlerweile das größere Problem?
Wir sind der Meinung, dass der Naziaufmarsch nur deshalb so groß werden konnte, weil die Anknüpfungspunkte zum offiziellen Gedenken groß sind. Wenn der Naziaufmarsch ausfällt, ist das auch begrüßenswert, weil die Stadt dann dazu gezwungen ist, explizit auf Kritik zu reagieren.
Die Stadt Dresden lädt zur Menschenkette und richtet sich »gegen alle Versuche, den 13. Februar zu missbrauchen«. Dient das offizielle Gedenken auch der weiteren Durchsetzung der Extremismusideologie?
Zunächst einmal geht es uns darum, die Vorhaben der Nazis zu verhindern. Aber auch das öffentliche Gedenken muss angegriffen werden, weil es ein identitätsstiftendes Spektakel und ein Baustein der Schlussstrich- und Versöhnungsmentalität ist. Der Missbrauch, der immer den sogenannten Extremisten zugeschrieben wird, wird doch von der Stadt begangen. Sie betreibt eine Gleichsetzung historischer Geschehnisse, von der aus es nicht weit zu einer Umkehr von Tätern und Opfern ist.
Die Stadt instrumentalisiert also die historischen Vorgänge?
Ja. Ein individuelles Trauern um Angehörige wäre völlig nachvollziehbar. Aber diese kollektive Veranstaltung benutzt die Geschichte als ein identitätsstiftendes Moment für ein starkes Wir.
Was wollt ihr dem am 13. Februar entgegensetzen?
Wir müssen sehen, was bis dahin passiert. Die Informationslage ist gerade etwas dürftig. Sollte es sich herausstellen, dass der Naziaufmarsch nicht stattfindet, könnten wir effektiver versuchen, das Gedenken irgendwie zu beeinflussen. Aber zurzeit liegt unser Fokus auf dem offensichtlichen Nazischeiß.