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Unter dem Motto »To Russia with love« fand am Freitag in Wien eine Demonstration gegen Homophobie in Russland statt. Passend zum Beginn der Olympischen Winterspiele in Sotschi am 7. Februar führte die Demonstration zum Sitz des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC) und zur russischen Botschaft in Wien. Schließlich wurde in Russland unlängst jeg­liche positive Äußerung über Homosexualität unter Strafe stellt. International regt sich dagegen Protest. Zuletzt kündigten Politiker mehrerer westlicher Staaten an, die Spiele nicht zu besuchen, etwa US-Präsident Barack Obama, der französische Präsident François Hollande, der britische Premierminister David Cameron und der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck. Um ein Zeichen gegen Homophobie zu setzen, hätte Gauck am Samstag mal kurz in Stuttgart vorbeischauen können, wo er doch ohnehin schon im Süden der Republik weilte. Aber vermutlich musste Gauck sich von seiner am Vortag zur Eröffnung der Münchner Sicherheitskonferenz gehaltenen »fulminanten« Rede erholen, in der er, wie die FAZ jubelte, den »Abschied von der altbundesrepublikanischen Selbstverzwergung« verkündet hatte. Angesichts eines solchen historischen Auftritts wäre ein kleiner Abstecher in den Südwesten wohl allzu banal gewesen. Wenn in Stuttgart aus einer Demonstration eine Straßenschlacht wird, geht es normalerweise ohnehin nur um die Tieferlegung eines Bahnhofs. Am Samstag flogen auf dem Schlossplatz die Farbbeutel wegen eines Arbeitspapiers der grün-roten Landesregierung zur sexuellen Vielfalt im Bildungsplan. Künftig soll auch den Schülern in Baden-Württemberg wertfrei vermittelt werden, dass es mehr gibt als Heterosexualität. Am Samstag krachte es gewaltig zwischen den Bildungsplangegnern und den Gegnern der Bildungsplangegner. Interessanterweise kamen beide Gruppen nicht ohne Gotteserwähnung aus. »Gott liebt dich«, stand auf den Plakaten der Bildungsplangegner, »Jesus liebt keine Homophoben« auf denen der Gegendemonstranten. Wer hätte da besser ein Zeichen gegen Homophobie setzen können als der bibelfeste Pfarrer Gauck? Falls Sie, lieber Leserinnen und Leser, das Pech hatten, am vergangenen Wochenende weder in Wien noch in Stuttgart gegen Homophobie demonstrieren zu können, werden Sie in den kommenden Tagen immerhin reichlich Gelegenheit haben, die Fernsehübertragungen des Olympiaspektakels zu boykottieren.