Gewalt der spanischen Grenzpolizei gegen Migranten in Ceuta

Tödliche Abschottung

Die staatliche Gewalt an der europäischen Südgrenze nimmt zu. Vergangene Woche starben mehrere Migranten, nachdem sie von der spanischen Grenzpolizei angegriffen wurden.

»Die EU setzt sich dafür ein, dass es uns allen gut geht – auf ganz unterschiedliche Weise«, wird Kindern auf der Homepage der Europäischen Union erklärt. Wie die Wohlstandssicherung konkret aussieht, konnte man vergangene Woche ein weiteres Mal an der europäischen Südgrenze beobachten. Beim Versuch Hunderter afrikanischer Migranten, in die spanische Exklave Ceuta zu gelangen, sind mindestens 14 Menschen ums ­Leben gekommen, sie wurden erdrückt oder sind ertrunken. Augenzeugen berichteten, dass die spanische Polizei mit Gummigeschossen und Tränengas gegen die Migranten vorgegangen sei und sie regelrecht ins Meer getrieben habe. Noch im Wasser seien die Menschen weiter beschossen worden, sagten Überlebende.
Nachdem Spanien zuerst den brutalen Einsatz geleugnet hatte, hieß es später, das »aggressive und gewalttätige Verhalten« der Migranten habe das Vorgehen der Polizei nötig gemacht. Auf Flüchtlinge im Meer habe man jedoch nicht geschossen. Diese Woche muss nun der spanische Innenminister im Parlament die Vorfälle erklären. Oppositionsparteien fordern zudem eine unabhängige Untersuchung durch das UN-Flüchtlingskommissariat. Das ist jedoch noch mit einem Vorfall vor der Küste Griechenlands von Ende Januar beschäftigt. Die griechische Küstenwache hatte ein Flüchtlingsboot in Schlepptau genommen, offenbar jedoch nur, um es zurück in türkisches Gewässer zu bringen. Auf dem Weg kenterte das Boot, ein Dutzend Menschen, darunter neun Kinder, ertranken. Überlebende berichteten, die Polizisten hätten die Ertrinkenden mit Schlägen und Schüssen in die Luft davon abgehalten, sich auf ihr Boot zu retten.
Diese Vorfälle passen so gar nicht zum »Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts«, wie die EU ihr gemeinsames Migrationskonzept nennt. Aber zu deren Glück konnten die Medien am Tag der Vorfälle von Ceuta noch eine andere Meldung bringen: »Italienische Marine rettet mehr als 1 100 Migranten«, berichtete die Tagesschau. Das sind die Nachrichten, die die Menschen in den Ländern der Friedensnobelpreisträgerin EU lesen wollen. Kurz kann man sich dann der Illusion hingeben, die EU setze die milliardenschwere Ausrüstung der Grenzpolizei auch einmal für und nicht nur gegen Flüchtlinge ein. Dabei wären die Flüchtlinge ohne die repressive Migrationspolitik und die militärische Abschottung der europäischen Südgrenze gar nicht erst in Seenot geraten. Es ist ein wenig so, als würde man einen Nichtschwimmer zwingen, ins Wasser zu springen und sich dann, sofern er nicht sofort ertrinkt, dabei filmen lassen, wie man ihn heroisch rettet. Bevor man ihn in den Knast steckt.
Nun gibt es also wieder ein paar Namen mehr auf der endlosen Liste der auf dem Weg nach Europa ertrunkenen Flüchtlinge. Ein weiteres »tragisches Flüchtlingsdrama«. Mit Tragik hat dies alles jedoch nichts zu tun, sondern vielmehr mit Totschlag. Die Migranten, die an der nordafrikanischen Küste auf ihre Chance warten, nach Europa zu gelangen, scheint die Gewalt nicht abzuschrecken. Vergangenen Freitag versuchten erneut über tausend Migranten, an den Zaun von Ceuta zu gelangen.