Tinte spucken

Eine Karikatur ist dem Duden zufolge eine »Zeichnung o. Ä., die durch satirische Hervorhebung bestimmter charakteristischer Züge eine Person der Lächerlichkeit preisgibt«. Im Fall einer im Meinungsressort der Süddeutschen Zeitung am vergangenen Freitag erschienenen Karikatur stellte sich mancher Leser die Frage, was impliziert werden sollte. Ein Artikel zur Übernahme des Messenger-Dienstes Whatsapp durch Facebook war mit einer Zeichnung von Mark Zuckerberg, dem CEO von Facebook, als Krake mit Hakennase bebildert worden. In den Armen hält jene »Krake Zuckerberg« eine Vielzahl von Rechnern, den nun ebenfalls in ihre Fänge geratenen Konkurrenten führt sie in Richtung des heimtückisch grinsenden Mundes. »Wir entschuldigen uns für die Karikatur«, las man vom Twitter-Account der SZ, etliche Male repetiert gegenüber Lesern, die sich an der Zeichnung störten. Ihnen ging sie dann doch über die von der SZ angestrebte Botschaft von der »Datenkrake Facebook« hinaus. Die Darstellung Zuckerbergs kann wie ein Plagiat von Karikaturen des Stürmers wirken, die Nationalsozialisten zeigten 1938 Winston Churchill als jüdische Krake. ­Seitens der Redaktion beteuert man auf Twitter, es sollte keine antisemitische Haltung vermittelt werden. Stefan Gärtner bringt es auf der Internetseite der Titanic satirisch auf den Punkt, er gesteht der Zeichnung das »aufklärerische« Element zu, dass ihm andernfalls nie der Gedanke gekommen wäre, dass er beim Juden chattet. Die Karikatur scheint bereits umstritten gewesen zu sein, in der bayerischen Ausgabe gab es jedenfalls eine abgeänderte Form, statt des Gesichts wurde dort ein Schlund gezeigt. Obwohl der Deutsche Presserat erst im Juli eine Beschwerde des American Jewish Committee gegen die SZ wegen der Veröffentlichung einer antisemitische Stereotype bedienenden Karikatur bestätigt hatte, sitzt die Tinte dort wohl noch recht locker.