»Unbehelligt durchs Land«

Am 16. März möchte der Publizist Jakob Augstein im Film­thea­ter Union in Ber­lin-​Fried­richs­ha­gen aus seinem Buch »Sabotage« lesen. Die Antideutsche Aktion Berlin (ADAB) ruft zu Protesten gegen den Auftritt des Mannes auf, der 2012 mit seinen Aussagen in die Top Ten der Antisemiten des Simon Wiesenthal Center gelangt ist. Ein Mitglied der ADAB gibt Auskunft.

Augstein hat es nicht in die Top Ten 2013 des Simon Wiesenthal Center geschafft. Ist dennoch Protest nötig?
Bei der unglaublichen Auswahl an Antisemiten weltweit ist das kaum verwunderlich. Augstein gehört zu jenen deutschen Publizisten, die vor allem Israel und den USA erklären wollen, was sie falsch machen. Seine ressentimentgeladene Darstellung zielt auf die Delegi­timierung des jüdischen Staates. Dass er es 2013 nicht in die Top Ten geschafft hat, ist kein Grund, den Protest einzustellen. Während jeder Auftritt von Thilo Sarrazin von Protesten begleitet wird, kann der Top-Ten-Antisemit Augstein unbehelligt durchs Land ziehen.
Richtet sich der Protest auch gegen Augsteins Buch »Sabotage«?
In dem Buch verkauft Augstein seine wehmütige Sehnsucht nach dem alten Sozialstaat als fundierte Kritik am Kapitalismus. Er bezieht sich positiv auf das »einstmals funktionierende Nachkriegssystem« in Deutschland, ohne den Korporatismus als Nachwehe des Nationalsozialismus zu begreifen. Seine antikapitalistische Sehnsucht endet dementsprechend an der deutschen Grenze.
Alan Posener hat den antideutschen Protest gegen Augstein des Faschismus bezichtigt. Wie haben Sie reagiert?
Mit Humor. Poseners Werdegang als mittelprächtig begabter Satiriker ist ja legendär. Als Mitglied der maoistischen und antizionistischen KPD/AO, in der auch Horst Mahler aktiv war, zeichnete er schon früh Verantwortung als irrlichternder Faschismustheoretiker.
Wie reagieren Sie auf das Argument, dass selbst für Augstein Meinungsfreiheit gelten sollte?
Mit Protest gegen seine Auftritte. Natürlich sind wir uns der Zwickmühle bewusst, dass man Antisemitismus nicht mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft ausdiskutieren kann. Was wir tun können, ist, den antisemitischen Vorturnern ihr Handeln zu erschweren.
Beschäftigen Sie sich dabei nur mit Augstein?
Wir beschäftigen uns zum Glück nicht ausschließlich mit Jakob Augstein. Die ADAB versteht sich als Versuch, abseits des seminarischen Palavers über die neuesten Entdeckungen postmoderner Literatur und des identitären Rumgewackels mit Israel-Fahnen, das es ja schon zur Genüge gibt, eine antideutsche Kritik zu unterschiedlichen Themen zu formulieren.