Echte Journalisten

»Und hier etwas zum wirklich Aufregen #antisemitismus«, twitterte @mspro am vergangenen Montag entsetzt. 9gag.com hatte einem Foto von Jacob Rothschild ein Bild des Simpson-Bösewichts Mr. Burns gegenübergestellt. Im darunter stehenden Text hieß es: »Hallo, mein Name ist Jacob Rothschild. (…) Uns gehört praktisch jede Zentralbank auf der ganzen Welt. Wir haben in jedem Krieg seit Napoleon beide Seiten finanziert. Uns gehören eure Nachrichten, eure Medien, euer Öl und eure Regierung. Ihr habt vermutlich noch nie etwas von mir gehört.« Antisemitismus gehört in sozialen Netzwerken nicht zu den Hauptaufregerthemen und Twitter macht da keine Ausnahme. Diesmal war allerdings sogar ein ausgewiesener Journalist unter denjenigen, die versuchten, Judenhass zu verharmlosen. Philippe Debionne, Redakteur des Berliner Kurier, dessen Twitterprofil ein (nicht als solches gekennzeichnetes) Zitat von Orwell schmückt (»Journalismus ist, etwas zu veröffentlichen, was andere nicht veröffentlicht haben wollen. Alles andere ist Öffentlichkeitsarbeit«), twitterte: »Wieso? Weil ein Multi (der halt Jude ist) mit Mr. Burns gleichgesetzt wird?« Die Erklärungen einiger Twitter­user zu antijüdischen Stereotypen überzeugten Debionne jedoch nicht: »Ok, ein echt reicher Multi (der halt Jude ist)?« antwortete er, und legte mit einem Link nach: »Und das hier ist dann auch antisemitisch?« Der Link führte zu einer auf der Indymedia UK-Seite veröffentlichten Teilnehmerliste der Bilderberger-Konferenz 2012, auf der unter anderem Videos der verschwörungstheoretischen, antisemitischen Gruppe »We are change« als Belege für eine angebliche jüdische Weltverschwörung empfohlen werden. Die Kommentare darunter dürfte Debionne nicht gelesen haben, denn in einem wurde nachgewiesen, dass die Videos mit Versatzstücken aus den »Protokollen der Weisen von Zion« arbeiten.