Schikane nach Plan

Als sich die rund 500 Mietaktivisten am Samstagnachmittag am Kottbusser Tor in Berlin sammeln, merken sie: Etwas ist anders als sonst. Zahlreiche Polizisten erwarten sie zu strengen Vorkontrollen. Die Stimmung ist angespannt, seit am Donnerstag bei einer Blockade gegen eine Zwangsräumung mehrere Personen festgenommen worden sind. Die Betroffenen wurden nach eigenen Berichten auf verschiedene Polizeiwachen gebracht, eingeschüchtert und mussten sich zum Teil entkleiden. Die Aktivisten von »Kotti & Co« wundern sich über das Auftreten der Polizei. Die letzten 25 »Lärmdemos« der Mieterinitiative waren recht friedlich, die Polizei hielt sich meist zurück. Die Demonstration geht zur Reichenberger Straße, wo am Donnerstag der Versuch einer Blockade stattfand. Von der türkischen Familie bis zum Autonomen ist alles dabei, man nimmt den meisten ab, keine Stellvertreterkämpfe zu führen. In Redebeiträgen wird auf drohende Zwangsräumungen hingewiesen und die schwierige Situation der Flüchtlinge am Oranienplatz thematisiert. Stolz berichtet man von 80 Kiezbewohnern, die kollektiv ihre Mietzahlungen senken. Mit Trillerpfeifen und Kochtöpfen wird der Forderung nach bezahlbarem Wohnraum Nachdruck verliehen. Bei der Schlusskundgebung kommt es zu Rangeleien, als die Polizei unvermittelt in die Menge stürmt, um einen Demonstranten festzunehmen. Nach Angaben des Bündnisses »Zwangsräumungen verhindern« wird dabei eine Rollstuhlfahrerin verletzt und muss in einem Krankenwagen behandelt werden. Auch wird eine Wohnung am Rande der Kundgebung gestürmt, da angeblich zu laut Musik gespielt worden war. Die Polizei nimmt mindestens vier Personen vorübergehend fest. Viele der Aktivisten sind wütend, aber bleiben besonnen. Man vermutet eine gezielte Eskalationsstrategie, um die Initiative durch Repression zu zermürben. Angesichts der jüngsten Erfolge der Mieterbewegung wäre dies kein abwegiger Gedanke.