Australien geht gegen Bootsflüchtlinge vor

Festung Australien

Die australische Regierung versucht, das Land mit allen Mitteln gegen missliebige Bootsflüchtlinge abzuschotten.

Ende März feierte der australische Premierminister Tony Abbott, dass es seit 100 Tagen keine neuen Bootsflüchtlinge gab. Zwischen Januar und Juli vergangenen Jahres waren 600 Boote mit 20 587 Personen an Bord in Australien gelandet. Mit der Forderung »Stoppt die Boote«, war Abbott im September zur Wahl angetreten und für diesen Zweck sind ihm alle Mittel recht. Um Flüchtlinge von Australien fernzuhalten, ist er allerdings auch auf die mehr oder weniger freiwillige Mithilfe von Partnerländern der Region angewiesen.
Bereits frühere Regierungen haben Asylsuchende in abgeschotteten Camps auf den Inseln Manus (Papua-Neuguinea) und Nauru untergebracht, um dort ihre Asylanträge zu prüfen. Ungebetene Bootsflüchtlinge dürfen selbst dann nicht nach Australien, wenn sie die strengen Aufnahmekriterien erfüllen. Im Falle einer Asylbewilligung sollen die Betroffenen in Papua-Neuguinea dauerhaft angesiedelt werden. Wie genau das in dem krisengeschüttelten Land funktionieren soll, bleibt schleierhaft. Derzeit prüft Papua-Neuguineas Oppositionsführer Belden Namah die Verfassungsmäßigkeit des mit Australien ­geschlossenen Abkommens über die Beherbergung von Asylsuchenden auf Manus. Zuvor ­hatte er dieses als »Schwachsinn« bezeichnet. Derzeit befinden sich mindestens 1 340 Asylsuchende auf der Insel, von keinem wurde bisher ein Antrag bearbeitet. Dazu bedürfte es in Papua-Neuguinea eines funktionierenden Systems für Asylverfahren.

Mitte Februar kam es im Camp auf Manus zu schweren Ausschreitungen, bei dem der 23jährige Iraner Reza Barati ums Leben kam und 77 Personen zum Teil schwer verletzt wurden. Sechs Tage lang behauptete Australiens Immigrationsminister Scott Morrison steif und fest, dass Barati nach einem Fluchtversuch außerhalb des Camps gestorben sei. Letztlich musste er einräumen, dass mit Macheten bewaffnete Einheimische in das Camp eingedrungen waren und dort Asylsuchenden angegriffen hatten. Der private Sicherheitsdienst G4S sah zu und die australische Regierung weist jegliche Verantwortung von sich. Abbott verteidigte seinen Immigrationsminister gegen Rücktrittsforderungen, indem er behauptete, dass Australier keinen »Feigling« als Verantwortlichen für den Grenzschutz wünschten. G4S verlor zwar den lukrativen Auftrag auf Manus, aber es bleibt unklar, ob sich die nach Australien abgesetzten Mitarbeiter vor Gericht für den Tod von Barati verantworten müssen. Mit der Unterstützung von Amnesty International findet derzeit eine Untersuchung der Vorfälle statt.

Über die Situation der auf Nauru internierten Asylsuchenden ist derzeit nur wenig bekannt. Naurus Regierung schottet sich ab und hat unlängst die Visagebühren für Journalisten mit ­einem Schlag von 200 auf 8 000 australische Dollar (von 135 auf 5 417 Euro) erhöht. Ehemalige Mitarbeiter der Heilsarmee, die im Camp gearbeitet haben, berichten von Asylsuchenden, die sich mit Cocktails aus Schlaftabletten, Insektensprays und Reinigungsmitteln umbringen wollten. Bekannt ist auch, dass sich derzeit über 100 minderjährige Asylsuchende auf Nauru befinden.
Als ultimatives Abschreckungsmittel der Regierung Abbott dienten die Zwangsrückführungen von Flüchtlingsbooten nach Indonesien, von wo aus die meisten in See gestochen waren. Dabei ist die australische Marine mehrmals in indonesische Hoheitsgewässer eingedrungen, was die ohnehin angespannten Beziehungen zu Indone­sien weiter belastet. Mindestens sechs Fälle von Zwangsrückführungen sind bekannt, aber Genaueres darüber weiß nur der Immigrationsminister. Die wöchentlichen Pressebriefings zum Thema Flüchtlinge wurden Anfang des Jahres abgeschafft. Um in Zukunft das Eindringen in indonesische Gewässer zu vermeiden, erwarb die australische Regierung ein Dutzend Rettungsschlauchboote, auf die nun die Asylsuchenden samt Proviant für mehrere Tage verfrachtet werden, um den Inselstaat eigenständig zu erreichen.
Derzeit ist die australische Regierung auf der Suche nach zusätzlichen Orten für die Abschiebung der Bootsflüchtlinge. Bereits im Februar reiste Außenministerin Julie Bishop nach Kambod­scha, mit dem Vorschlag, auch ein paar Asylsuchende aus Australien aufzunehmen. Was Australien der Regierung unter Hun Sen im Gegenzug verspricht, ist nicht bekannt.