Deutschland sucht die Superweiße

Der Hass kennt keine Grenzen. Und die Wortwahl macht einen gleichermaßen fassungslos wie wütend. »Quotenneger« pöbelte vor kurzem ein Kommentator auf der Facebook-Seite von Pro Sieben. Ein anderer hetzte gegen die »Gorilla-Fresse«. Gemeint war damit Aminata, eine Kandidatin bei »Germany’s Next Topmodel«.
Die 19jährige, geboren in der Elfenbeinküste und in Bergisch-Gladbach lebend, wird seit Wochen auf widerliche Art und Weise rassistisch beleidigt. Der Sender sah sich sogar bemüßigt hervorzuheben, in der neunjährigen Geschichte der Castingshow sei noch nie eine der jungen Laufsteg-Frauen derartig verunglimpft worden. Die wüsten Beschimpfungen gipfelten in womöglich justizi­ablen Sätzen wie »DAS ist doch kein Topmodel. DAS gehört vergast.« Auch auf ihrer eigenen Facebook-Fanseite wird weiter ohne jede Scheu gegen Aminata gehetzt. Die Kommentarspalten der sozialen Medien, so scheint es, sind fest in Hand von Rassisten.
Nun sind »Hater« im Internet wahrlich kein neues Phänomen. Doch sie treten inzwischen immer aggressiver und selbstbewusster in Erscheinung. Nicht zuletzt, weil ihnen das anonyme Netz ständig neue, einfache Verbreitungsmöglichkeiten bietet. Und diese werden von vielen, viel zu vielen Kotzbrocken gerne und ausgiebig genutzt. Nur: Was tun gegen die rassistischen Lästermäuler? Sie vor Gericht bringen? Ihre als »Meinungsbeiträge« kaschierten Geschmacklosigkeiten löschen?
Pro Sieben hat das mit den schlimmsten Entgleisungen getan und deren Verfasser blockiert. Gleichzeitig postete der Sender ein Stoppschild mit der Ansage »Das können wir nicht dulden!« Gute Sache, möchte man zunächst meinen. Doch bei näherer Betrachtung wirkt das Tilgen recht hilflos. Als wolle man das Böse ungeschehen machen. Eine allzu naive Hoffnung.
Aminata selbst geht einen anderen, Weg: Sie lässt die rassistischen Ausfälle für jedermann sichtbar auf ihrer Fanpage stehen. Mit einer einfachen Begründung: »Ich möchte, dass Deutschland sieht, was für Menschen es noch LEIDER in unserer Generation gibt.« Und auf einem Foto streckt sie den Hetzern wortwörtlich ihre Zunge entgegen: »Bin schwarrrrrrrz, meine Zunge pink, und was wollt ihr jetzt machen?!« Aminata hat sich als Betroffene gegen das Verschweigen und für die Offensive entschieden. Das gesellschaftliche Problem wird damit zwar auch nicht gelöst, aber öffentlich gemacht.
Vielleicht hat Aminatas Vorgehen ja Modellcharakter. Und womöglich regt das die Juroren an, jenseits der Darbietungen auf dem Laufsteg Stellung zu beziehen. Anderenfalls muss es heißen: Liebe Heidi, lieber Wolfgang, lieber Hayo, wir habe heute kein Foto für euch.