»Wir bewegen uns zwischen Ernst und Fiktion«

Das »Zentrum für politische Schönheit« (ZPS) erregte kürzlich Aufmerksamkeit mit der Aktion »Kindertransporthilfe« (www.1aus100.de), mit der es die Forderung unterstützen wollte, dass Deutschland mehr syrische Flüchtlinge, vor allem Kinder, aufnimmt. In der vergangenen Woche veranstaltete das ZPS jeden Tag die Show »1 aus 100« auf dem Dorothea-Schlegel-Platz in Berlin-Mitte, bei der die Zuschauer in einer Art Casting-Show darüber entscheiden sollten, welches der präsentierten syrischen Kinder temporär in deutschen Pflegefamilien untergebracht werden soll. Die Jungle World sprach am Freitag mit André Leipold vom ZPS über den bisherigen Erfolg der Aktion.

»1 aus 100« ist der zweite Teil des Projekts »Kindertransporthilfe«. Wie ist die bisherige Resonanz?
Resonanz gab es bisher vor allem in der Presse. Sie ist sozusagen unser Hauptpublikum. Damit sind wir schon mal sehr zufrieden. Allerdings stürzen die sich auf Gesichter. Sie kommen vor allem zu Philipp Ruch oder auch zu mir, um sich O-Töne abzuholen, die es auch schon auf der Website gibt. Was wir jetzt versuchen, ist, den Kontakt zu den Syrern herzustellen, die tatsächlich da waren. Damit man sich mehr mit denen über ihre Erfahrungen austauscht.
Nehmen tatsächlich Menschen an der Casting-Show teil, um ein einzelnes bestimmtes Kind zu retten?
Ja, es machen Leute mit. Und wir haben auch vor, das umzusetzen. Wir kennen die Kinder und wissen, wo sie sich aufhalten. Das Kind, das gewinnt, werden wir nach Deutschland holen, sofern es dann noch lebt. Wir bewegen uns hier ja permanent zwischen Ernst und Fiktion. Wir spielen hier durch, wie es aussehen würde, wenn man beginnen würde zu helfen, wenn man beginnen würde zu handeln. Das hieße, wie es in der Initiative ja auch heißt, 55 000 syrische Kinder hierher zu bringen. Das sind ein Prozent von 5,5 Millionen, um die es geht. Das wird in dieser Initiative hochgejubelt, als ein unglaublich ehrenhaftes Handeln, ist aber eben auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Verantwortungsethisches Handeln heißt zu selektieren und selektieren heißt spielen. Also spielen wir.
Und gibt es neue Reaktionen vom Familienministerium, deren Internetseiten Sie nachahmen?
Bisher nicht. Bisher gibt es nur die Aussage, dass man uns nicht wegen Amtsanmaßung verklagen wolle. Die schwimmen so ein bisschen und haben auch die Komplexität des Ganzen noch gar nicht richtig verstanden.