»Die Leute sind das Schwarzfahren gewohnt«

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) möchte das Bußgeld für Schwarzfahren in öffentlichen Verkehrsmitteln auf 60 Euro erhöhen. Schwedische Schwarzfahrer können über so etwas nur lachen. In dem skandinavischen Land gibt es »P-Kassan«, eine Versicherung für Schwarzfahrer, betrieben von »Planka.nu«, einer Organisation, die sich für einen kostenfreien öffentlichen Verkehr einsetzt. Alexander Berthelsen von »Planka.nu« hat mit der Jungle World gesprochen.

Wie funktioniert Ihre Versicherung?
Eine Mitgliedschaft kostet 100 Kronen im Monat, also ungefähr elf Euro. Wenn ein Mitglied von einem Kontrolleur geschnappt wird, muss die betreffende Person uns nur das Bußgeldticket und eine Selbstbeteiligung von 100 Kronen zuschicken, dann bezahlen wir das Bußgeld. Es beträgt hier 1 200 Kronen, also rund 132 Euro.
In wie vielen Städten in Schweden gibt es »P-Kassan«?
In Stockholm und Göteborg.
Wie reagiert die Öffentlichkeit auf die Versicherung?
Im Allgemeinen sind die Leute das Schwarzfahren gewohnt, es handelt sich um eine Tat, die die meisten irgendwann in ihrem Leben schon einmal begangen haben. Die Leute können für gewöhnlich nachvollziehen, dass Schwarzfahrer wenig Geld haben.
Unternehmen die Verkehrsbetriebe etwas gegen »P-Kassan«?
Sie haben anfangs öffentlich behauptet, uns bei der Polizei angezeigt zu haben. Wir haben aber nie etwas von der Polizei gehört, was entweder bedeutet, dass nie Anzeige gestellt wurde, oder dass die Polizei zu dem Schluss kam, dass nichts Illegales vorliegt. Wir tun auch nichts Illegales nach schwedischem Recht.
Welche politischen Forderungen vertritt »Planka.nu«?
Wie ein Streik am Arbeitsplatz soll der Ticketstreik, zu dem wir aufrufen, ökonomischen Druck auf die Politiker aufbauen, die Fahrtkosten abzuschaffen. Unsere Organisation wurde im Jahr 2001 gegründet, als Reaktion auf die stetig steigenden Ticketpreise, egal ob unter linken oder rechten Regierungen. Es bestand die Notwendigkeit für die Fahrgäste, sich außerparlamentarisch zu organisieren.
Gelingt es Ihnen, die politische Botschaft zu vermitteln?
Ich würde sagen, ja. Wir schreiben Berichte, Artikel, halten Demonstrationen ab und erhalten sogar staatliche Zuschüsse des Schwedischen Kulturrats für das von uns veröffentliche Buch »Trafikmaktordningen«, das dazu beigetragen hat, die Debatte über die Infrastruktur zu erweitern.