Die NPD nach den EU- und Kommunalwahlen

Knapp verfehlt ist auch vorbei

Der Bedeutungsverlust der NPD schlägt sich auch in Stimmverlusten nieder. Das zeigen die jüngsten Europa- und Kommunalwahlen.

Udo Voigt, der Spitzenkandidat der NPD, zieht in das zukünftige Europäische Parlament ein. Das ändert jedoch nichts daran, dass das Wahlergebnis für die Partei enttäuschend ist. Anstatt der angestrebten 2,5 Prozent der Stimmen erhielt sie nur knapp ein Prozent. Voigt hofft zwar, dass sich durch den geglückten Einzug »die Stellung der NPD innerhalb Europas« verbessert und die »Kontakte zu anderen nationalen Kräften innerhalb der EU« ausgebaut werden können. Ob er damit den Bedeutungsverlust der NPD angesichts der Stimmengewinne der »Alternative für Deutschland« (AfD) hierzulande aufhalten kann, ist stark zu bezweifeln. Ganz im Gegensatz zu den darniederliegenden »Republikanern« (0,4 Prozent) und der erstmals bundesweit angetretenen Partei »Pro NRW« (0,2 Prozent) erhielten die Nationalkonservativen bei ihrem ersten Antritt zur Europawahl sieben Prozent der Stimmen.

Dafür verliefen die Kommunalwahlen für die AfD eher mittelmäßig. Im größten Flächenland, Nordrhein-Westfalen, erhielt sie nur 2,5 Prozent der Stimmen, in Sachsen hingegen insgesamt 5,4 Prozent, in den Görlitzer Kreistag zieht die Partei sogar mit 7,9 Prozent ein. Vor allem in der Grenzregion zu Polen gaben ihr viele Wähler ihre Stimme. So kam die AfD bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt/Oder auf 11,6 Prozent. Bereits kurz nach der Wahl kündigten Vertreter der CDU und Frankfurts parteiloser Oberbürgermeister Martin Wilke an, das Gespräch mit den Vertretern der AfD zu suchen. Mit acht Prozent schnitt die Partei auch in Vorpommern gut ab.

Mit solchen Ergebnissen kann die NPD nicht aufwarten. Bundesweit musste sie bei den Kommunalwahlen insgesamt eine herbe Niederlage einstecken. »Pro NRW« überholte bei den Wahlen zu den Vertretungen der Landkreise und kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen mit 0,5 Prozent der Stimmen die NPD, die nur 0,2 Prozent erhielt. In Duisburg erhielt »Pro NRW« auf Anhieb vier Sitze, während die NPD nur auf einen Sitz kommt. Insgesamt verringerte sich die Zahl der Mandate der NPD in dem Bundesland von 25 auf 16. In Mecklenburg-Vorpommern ist die Partei nur noch mit 17 statt 26 Mitgliedern in den sechs Kreistagen und im Stadtrat von Rostock vertreten. Dabei wählte in den Gegenden, in denen die NPD größere Zustimmung fand, auch eine größere Zahl von Bürgern die AfD.

Doch trotz aller Misserfolge gibt es einen Ort, wo ein großer Teil der Wähler unverbrüchlich zur NPD steht: Reinhardtsdorf-Schöna in der Sächsischen Schweiz. Dort erzielte die Partei bei den Gemeinderatswahlen mit 20,5 Prozent der Stimmen ihr bestes Ergebnis in Sachsen. In dem Bundesland gelang es der Partei, das Ergebnis der vorangegangenen Kommunalwahlen zu halten. Im Ortsteil Zobes der Gemeinde Neuensalz im Vogtland wählten 18 Prozent die NPD. In dem Dorf, in dem die Jungen Nationaldemokraten vergangenes Jahr ihren »Sachsentag« mit einem Rechtsrock-Konzert feierten, kandidierte eine Krankenschwester für die NPD, die nun in den Gemeinderat einzieht. »Mit einem landesweiten Ergebnis von 4,6 Prozent bei den Kreistagswahlen wurde das Wahlziel in Höhe von mindestens fünf Prozent knapp verfehlt«, sagte der sächsische NPD-Landesvorsitzende Holger Szymanski. »Trotzdem ist es eine akzeptable Ausgangsbasis«, fügte er mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in drei Monaten hinzu.

In den beiden benachbarten Bundesländern Brandenburg und Thüringen, in denen in diesem Jahr ebenfalls Landtagswahlen stattfinden, erhielt die NPD beinahe doppelt so viele kommunale Mandate wie in den vorangegangenen Wahlen, 58 in Thüringen, 49 in Brandenburg. Für die größte Überraschung sorgten die Gemeinderatswahlen in Urnshausen im Wartburgkreis. Dort erzielte die NPD ein Ergebnis von 19,5 Prozent, der NPD-Landesgeschäftsführer Tobias Kammler zieht in den Gemeinderat ein. Einen Stimmenzuwachs konnte auch der NPD-Verband in Eisenach verzeichnen, wo die Partei bereits seit 2009 mit Fraktionsstatus im Stadtrat sitzt. Hier gewann sie einen weiteren, dritten Sitz hinzu und verbesserte ihr Ergebnis von 5,0 Prozent auf 7,4 Prozent.

In Brandenburg stehen lokale Zugewinne herben Verlusten gegenüber. In den Landkreisen Spree-Neiße, Oberspreewald-Lausitz und Oder-Spree erreichte die Partei über vier Prozent, während sie in den größeren Städten wie Potsdam, Frankfurt/Oder und Brandenburg an der Havel erst gar nicht angetreten war. In Cottbus büßte die NPD einen von bisher zwei Sitzen ein. Dagegen gewann sie Mandate dort hinzu, wo 2008 noch die DVU erfolgreich war, so etwa im Landkreis Barnim und Teltow-Fläming. In vier Kreistage zog die NPD neu ein: in Elbe-Elster, Märkisch-Oderland, Oberspreewald-Lausitz und Potsdam-Mittelmark. Insgesamt ist sie damit in zwölf Landkreisen und einer kreisfreien Stadt parlamentarisch vertreten.

Zur Feier des Einzugs in den Kreistag Potsdam-Mittelmark lud die Partei nach Bad Belzig ein. Der vorbestrafte Neonazi Pascal Stolle, Kan­didat der NPD bei der Kommunalwahl, stellte dafür sein Privatgelände zur Verfügung. Zunächst lud Stolle auch den Fotojournalisten Hardy Krüger ein, damit dieser auf der Wahlparty fotografieren könne, wie die Potsdamer Neuesten Nachrichten berichteten. Doch auf die Frage, ob die Erlaubnis für das Privatgelände gelte, reagierte der Neonazi ungehalten. Erst redete er sich in Rage, dann schlug er Krüger. Zwei Staatsschutzbeamte kamen dem Journalisten zu Hilfe, der Fotograf blieb unverletzt.

Eine eigentümliche Art zu feiern hatten auch Nazis in Dortmund. »Deutschland den Deutschen, Ausländer raus« – unter dieser Parolen versuchten zwei Dutzend Anhänger der Partei »Die Rechte«, am Abend der Kommunalwahlen das Rathaus zu stürmen. Mitglieder unterschiedlicher Parteien, die sich diesem Sturm entgegenstellten, wurden mit Pfefferspray und Glasflaschen attackiert. Anführer der Rechtsextremen war der Hooligan Siegfried Borchardt, der als Spitzenkandidat der »Rechten« einen Sitz im Stadtpar­lament erhielt. Die Beamten vom Staatsschutz waren zwar vor Ort, aber offenbar nicht auf eine derartige Attacke vorbereitet. Insgesamt wurden zehn Personen bei dem Angriff verletzt.

Neben dem Mandat im Stadtparlament ist die »Die Rechte« künftig in vier Bezirksversammlungen in Dortmund vertreten. Darüber hinaus gewann die Partei in Hamm einen Sitz im Stadtrat. Im baden-württembergischen Mannheim wurde ebenfalls ein mehrfach vorbestrafter Hooligan in den Gemeinderat gewählt. Der NPD-Kandidat Christian Hehl, früher Leibwächter des ehema­ligen Parteivorsitzenden Holger Apfel, verdankt 3 545 Wählern seinen Einzug in das Parlament.