Streit um die Kohle

»Die Linke: 100 % unglaubwürdig«, ist seit Montag voriger Woche auf einem Plakat an der Fassade der Bundeszentrale der Linkspartei in Berlin zu lesen. Greenpeace-Aktivisten haben dort ein Protestcamp errichtet, um darauf hinzuweisen, dass der geplante Aufschluss des Braunkohletagebaus Welzow-Süd II durch den Energiekonzern Vattenfall nicht nur ein ökologisches Problem bedeuten, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Partei in Frage stellen würde. Immerhin spricht sich die Linkspartei in ihrem Wahlprogramm gegen die Neuerschließung von Tagebauen aus. Auf die Besetzung reagiert die Partei gelassen. Nachdem sie zunächst mit einer Sitzblockade die Aufstellung eines mobilen Klos in ihrem Innenhof verhindert hatte, lässt sie die Demonstrierenden die hauseigenen Sanitäranlagen benutzen. Eine friedliche Koexistenz sei die Besetzung nun, sagt ein Campbewohner. Katja Kipping betonte nach dem ersten Gespräch mit den neuen Mitbewohnern, dass die »Linke« soziale Bewegungen begrüße, auch wenn sie der »Linken« gegenüber kritisch seien. Und das sind die Camper eindeutig. Sie wollen den Bundesvorstand dazu bringen, zu verhindern, dass die »Linke« im rot-rot regierten Brandenburger Landtag dem Ausbau zustimmt. Das sei nämlich so gut wie sicher, von Kipping wurde es weder dementiert noch problematisiert. Sie sieht in den unterschiedlichen Positionen lediglich einen Dissens darüber, wie schnell der Braunkohleausstieg in Brandenburg machbar sei. Den Demonstrierenden geht es jedoch nicht allein um CO2-Emissionen. Sie weisen auch darauf hin, dass der Aufschluss Welzow-Süd II die Umsiedlung von rund 800 Menschen notwendig machen würde. Besonders pikant dabei sei, so ein Campbewohner, dass eine solche Umsiedlung, insbesondere gegen den Willen der Einwohner, nur möglich ist, weil im Bergrecht immer noch Bestimmungen wirksam seien, die bereits zu Zeiten des Nationalsozialismus Enteignungen ermöglichten.