Das Medium

Öffentlicher Tod

Wer nur wenig Freude an Piratenpartei-Querelen hat, sollte in den nächsten Wochen Twitter meiden – denn dort trägt die orangefarbene Politiksimulation seit dem Parteitag am vergangenen Wochenende (bei dem es viele Appelle für harmonisches Miteinander, gewaltfreie Kommunikation und Mäßigung beim Twittern gab) ihre Meinungsverschiedenheiten mit noch ungebremsterem Willen zur Eskalation aus. Nun kann es durchaus unterhaltsam sein, einer Partei beim öffentlichen Sterben zuzusehen, allein, der Quatsch geht schon seit Monaten so – und nun droht vielleicht sogar die Spaltung, was im Prinzip noch mehr Aufregung und Bösartigkeiten bedeutet. Beim Parteitag in Halle wurde nämlich ein konservativer Bundesvorstand gewählt, was für eine Partei, deren Mitglieder stolz darauf sind »nicht links, nicht rechts, sondern vorne« zu sein, nicht eben überraschend ist.
Mit dem neuen politischen Geschäftsführer Kristos Thingilouthis haben die Piraten jedoch ein ganz besonderes Schnäppchen gemacht: Auf Facebook ist er unter anderem Mitglied der Montagsdemo-Gruppe und Fan der immer wieder als antisemitisch kritisierten »Zeitgeist-Bewegung«, in einem Interview nannte er die Grünen »Ökofaschisten«, dazu verlinkt er gern obskure Blätter wie die verschwörungstheoretischen Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Während er selbst sich zu seinen Präferenzen nicht äußerte, regten sich seine Fans in zig Tweets über diejenigen auf, die seine eigenartigen politischen Vorstellungen thematisierten. Linke Piraten überlegen nun, eine eigene Partei zu gründen. Super Idee, denn die bislang durch den gemeinsamen Feind, alle rechten Parteimitglieder, geeinten Linken würden dann rasch feststellen, wie unterschiedlicher Meinung man doch eigentlich ist. Und sich, beispielsweise zum Thema Israel, zerstreiten. Natürlich auf Twitter.