Notizen aus Neuschwabenland. Teil 3

Kaviar und Krimsekt

Diese Kolumne berichtet über das Milieu der »Neuen Rechten«. Teil 3: Eurasische Allianzen, jungkonservative Differenzen.

Die neue »Russophilie« rechtsaußen treibt im Zuge der Ukraine-Krise absurde Blüten. Die Zeit scheint rückwärts zu gehen, jüngst sollte die Tradition des »Wiener Kongresses« wiederbelebt werden. Der Schweizer Tagesanzeiger berichtete Anfang Juni detailliert von einem Treffen, bei dem die Konturen einer neuen »Heiligen Allianz« sichtbar wurden. Auf Einladung des russischen Oligarchen Konstantin Malofeew berieten sich im Wiener Stadtpalais des Fürsten Liechtenstein unter Ausschluss der Öffentlichkeit Vertreter na­tionalistischer und fundamentalchristlicher Gruppen. Ein Bündnis mit Russland soll die Rettung vor dem »dekadenten Liberalismus« und der »Homolobby« bringen. Entsprechendes Personal, um den Kontinent zurück ins 19. Jahrhundert zu schicken, war vorhanden: Für die Familie Le Pen war Marion Maréchal-Le Pen angereist, zudem waren ein Vertreter der katholischen Monarchisten Spaniens, einige Rechtsextreme aus Südosteuropa, schweizerischer Geld- sowie russischer und georgischer Erbadel anwesend. Für die Bedeutung der Versammlung sprach das Erscheinen des FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache nebst Stellvertreter. Unangefochtener Stargast war Ale­xander Dugin, Esoteriker und Vordenker der »Eurasier«. Wie 1812 ruht ihre Hoffnung auf Russland. Wladimir Putins Politik der Härte findet illustre Unterstützer, die sich von etwas Sowjet-Folklore nicht abschrecken lassen.
International ging es auch sonst betriebsam zu. Eine Fraktionsbildung im Europaparlament unter dem Namen »Europäische Allianz für die Freiheit« ist gescheitert. Der französische Front National, Geert Wilders PVV, die FPÖ, die Lega Nord aus Italien und der Vlaams Belang konnten die für den Fraktionsstatus nötige Mitgliederzahl nicht erreichen und müssen vorerst auf einige Privilegien verzichten. Erfolgreicher agierte Neil Farage von der Ukip mit der Fraktion »Europa der Freiheit und Demokratie«. Er sammelte »Schwedendemokraten«, Beppe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung, französische, tschechische und lettische Unterstützer hinter sich. Die »Alternative für Deutschland« (AfD) ist in der konservativen Fraktion untergekommen, was manche Befürchtungen auf rechter Seite bestärkt, sie werde sich zu einem zahmen CDU-Klon entwickeln.
Der Streit über die richtige Einschätzung der Partei zwischen Vertretern des Institut für Staatspolitik (IfS) und der Wochenzeitung Junge Freiheit führte inzwischen zu personellen Konsequenzen: Karlheinz Weißmann hat seine Mitarbeit im IfS eingestellt. Als dessen langjähriger »wissenschaftlicher Leiter« hatte er Strategiedebatten und Grundsatzdiskussionen stark beeinflusst. Nun erschien erstmals eine Ausgabe der Hauszeitschrift Sezession, die keinen Beitrag Weißmanns enthält. Es sei »keine Einigung über die Ausgestaltung der weiteren Arbeit erzielt worden«, schreibt die Junge Freiheit, deren Annäherung an die AfD Weißmann unterstützt.
Damit sei eine »intellektuelle Führungsfigur im jungkonservativen Lager« aus dem IfS-Klüngel ausgeschieden, urteilt Helmut Kellershohn in einer ausführlichen Betrachtung des Vorgangs für das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung. Die Jungkonservativen werden der sogenannten Konservativen Revolution der Weimarer Republik zugerechnet und zählen zu den Vorbildern von JF und IfS. Es muss sich zeigen, wie das Institut den Verlust seines Mentors und Gründers verkraftet. Allerdings ist noch nicht klar, ob die Trennung endgültig ist. »Möglich ist aber auch, dass die Grundlagen der Arbeitsteilung und Kooperation im jungkonservativen Lager, sowohl im IfS als auch zwischen IfS und JF neu verhandelt werden«, schreibt Kellershohn. Ob die Trennung tatsächlich bedeutet, dass das IfS und die Sezession in der Szene künftig den rechten Rand bilden, ist also noch offen. Eine Gelegenheit, bei der sich dies zeigen könnte, ist der kommende »Zwischentag«, dessen Termin nun bekanntgegeben wurde: Am 6. September wollen sich rechte Burschenschaften, Verlage und Gewerbetreibende »in einem sehr guten Hotel« im Zentrum von Düsseldorf zur erneuten Selbstvergewisserung zusammenfinden. Bei Kaviar und Krimsekt?