Nur mit Mampf

Schule ist schlimm und grau und hat hässliche Pickel überall im Gesicht, jedenfalls den größten Teil des Jahres über. Aber nicht beim Sommerfest. Beim Sommerfest wirft Schule sich ein buntes Gewand über, malt sich das Gesicht lustig an und lädt zum wilden Reigentanz. Einige Schülerinnen und Schüler gehen da richtig drin auf: Sie bewirtschaften enthusiastisch den Essensstand, dem sie zugeteilt wurden, und sind sehr traurig, wenn der Stand gegenüber am Ende des Tages mehr Einnahmen gemacht hat als der ihrige – und das, obwohl sie den anderen doch regelmäßig heimlich die Steckdosenleiste ausgeschaltet und haufenweise »scharf« ins Kaffeepulver gelöffelt haben. Wir, die Lehrerinnen und Lehrer, lächeln ein wenig über die süßen Kleinen und ihre Albernheiten, jedenfalls, bis sie anfangen, sich zu hauen. Das können wir nicht gebrauchen, wir sind nämlich mit wichtigeren Dingen beschäftigt: Auf dem Fest sollen sich die Fachbereiche präsentieren, also zeigen, wie interessant und wenig angsteinflößend sie im Grunde ihres Herzens sind. Eine spielerische, rein freundschaftliche Konkurrenz, bei der es einige Fachbereiche allerdings schwerer haben als andere, weil es beim Schulfest, auf dem der Konsum alkoholhaltiger Getränke verboten ist und das Tanzen dann natürlich auch nicht in Gang kommt, hauptsächlich ums Essen geht.
Da ist der Französisch-Fachbereich immer fein raus: Jemand bringt ein Crêpes-Gerät mit und dann lässt man die Kinder Crêpes backen bis zum Umfallen und alle sind glücklich. Falls niemand so ein Crêpes-Gerät hat, kann man immer noch belegte Baguettes verkaufen oder sich mit Waffeln aus der Affäre ziehen und das irgendwie über Belgien begründen. Der Türkisch-Fachbereich lässt natürlich einfach die Eltern kochen. Aber was macht, zum Beispiel, die Mathematik?
Wir sind ja erwachsene Menschen und nehmen uns so etwas zum Glück nicht übel, aber richtig fair ist das alles nicht. Ich habe dieses Jahr im Englisch-Fachbereich mitgeholfen, der hat’s fast genauso schwer wie die Mathematiker, wegen der Sache mit dem englischen »Essen«. Wir hatten am Ende fünf Tüten englisches Weingummi und irgendwer hat Muffins gebacken und es ist natürlich wieder keiner vorbeigekommen, weil der Geruch der Crêpes von gegenüber die Kundschaft abzog, bevor die überhaupt eine Chance hatte, die vielleicht weniger aufdringlichen Qualitäten englischen Weingummis zu entdecken. Aber wir haben die Zeit des einsamen Wartens und Kauens auf harten Gummis genutzt, um eine Strategie fürs nächste Jahr zu erdenken. Die kann ich hier natürlich nicht verraten, nur so viel: Wir dachten an eine Allianz mit dem Deutsch-Fachbereich. Und dann wären die schmutzigen Froschfresser nicht schlecht beraten, sich bei den Geschichtskollegen mal nach der genauen Bedeutung von »Waterloo« zu erkundigen.