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Dienstag, 29. Juli, 14.02 Uhr. Die Redakteurin, die die stetige Überwachung der Tagestemperaturen übernommen hat, gibt den derzeitigen Stand durch: »Es hat 28,5 Grad Celsius.« Für die Verhältnisse in dieser Redaktion ist der Wert alles andere als sensationell. Denn wie die Kollegin aus dem Hitzeressort weiß: »Letzte Woche um die Zeit hatten wir 32 Grad.« Wer direkt unterm Dach arbeitet, lässt sich von manchen Temperaturen eben nicht mehr so leicht beeindrucken. Beeindruckend ist hingegen, was die Arbeitsstättenrichtlinie A3.5 vom 23. Juni 2010 für den Fall hoher Temperaturen am Arbeitsplatz vorschreibt. Zunächst beginnt sie zwar mit einer windelweichen Soll-aber-muss-nicht-Bestimmung: Ab einer Temperatur von 26 Grad soll der Arbeitgeber Gleitzeitregelungen gestatten, die Bekleidungsvorschriften lockern, Trinkwasser bereitstellen und die nächtliche Abkühlung der Räume sicherstellen. Ab einer Temperatur von 30 Grad gibt es aber keine Ausreden mehr: Dann muss der Arbeitgeber diese Vorgaben erfüllen. Ab 35 Grad geht es richtig los. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Luftduschen und Wasserschleieranlagen zu installieren – Apparaturen, von deren Existenz in dieser Redaktion bislang nichts bekannt war. Des Weiteren muss er den Mitarbeitern »Entwärmungsphasen« in kühlen Räumen verschaffen. Und schließlich ist er dafür verantwortlich, den Mitarbeitern eine »persönliche Schutzausrüstung« wie etwa »Hitzeschutzkleidung« bereitzustellen. Hitzeschutzkleidung – vielleicht handelt es sich ja um die technologisch höchst avancierten, schnittigen schwarzen Anzüge aus David Lynchs Science-Fiction-Film »Dune«, die alle Körperausscheidungen flugs in Trink- und Kühlwasser umwandeln. Was auf einem Wüstenplaneten nützlich ist, käme in den Räumen der Jungle World gerade recht. Die Schwierigkeit für diese Redaktion ist allerdings: Als Kollektivbetrieb hat sie keinen Chef, bei dem sie die Einhaltung der Arbeitsstättenrichtlinie A3.5 einfordern könnte. Und bis sich die Redakteurinnen und Redakteure, Layouterinnen und Layouter sowie Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer in kollektiver Diskussion auf einen adretten Hitzeschutzanzug geeinigt hätten, wären die Köpfe noch heißer, als sie es ohnehin schon sind. Wir bleiben also vorerst einfach bei kühlen Getränken und USB-Ventilatoren. Dienstag, 29. Juli, 14.56 Uhr. Die Redakteurin mit dem Thermometer gibt den allerneuesten Stand durch: »Jetzt sind es 30 Grad.«

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Veranstalter. Die Linksjugend Köln hat nicht zur Gaza-Demons­tration vom 18. Juli aufgerufen, »Die Linke.SDS« hingegen schon (»Intifada mit Hitlergruß«, »Jungle World« 30/2014).