Die antiisraelischen Demonstranten sind perfekt in Deutschland integriert

Integration ­gelungen

Die antisemitischen Aufmärsche und Ausschreitungen der vergangenen Wochen zeigen, dass es um die Integration besser bestellt ist als weithin behauptet – zumindest in sprachlicher Hinsicht.

»Die Schülerinnen und Schüler erschließen komplexe epische, lyrische und dramatische Texte, die an Alltagserfahrungen und mediale Kenntnisse anschließen, berücksichtigen die spezifischen Erscheinungsformen und historische sowie soziokulturelle Kontexte, differenzieren zwischen unterschiedlichen Perspektiven, erfassen Funktionen von ausgewählten sprachlich-stilistischen Mitteln.« Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport: Rahmenplan für die gymnasiale Oberstufe. Deutsch. S. VI.
Integration, heißt es, sei maßgeblich von sprachlicher Kompetenz abhängig. Muslimen werden hier häufig ernste Versäumnisse unterstellt. Wie falsch dies ist, zeigte sich bei den Protestaktionen gegen die israelische Intervention in Gaza. »Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf’ allein«, skandierten aufgebrachte Söhne Allahs. Häufig zeigten sie auch handfest, dass sie die Funktion des gewählten sprachlichen Mittels verstanden hatten: Proisraelische Gegendemonstranten wurden angegriffen, jüdische Einrichtungen mit Hassparolen beschmiert, Passanten, die der Mob aufgrund irgendwelcher Accessoires als »Juden« identifizierte, beschimpft und geschlagen. Am 12. Juli kam es in Dortmund und Frankfurt zu großen gemeinsamen Demonstrationen von Islamisten und Neonazis unter der Parole »Kindermörder Israel«. Auch hier bewies man sprachliche Kompetenz, indem man sich nicht nur in der Auswahl des Mittels souverän zeigte, sondern auch Kenntnisse über dessen historischen und soziokulturellen Kontext offenbarte: Aufruf zum Pogrom mit der Rechtfertigung eines jüdischen Ritualmordes an unschuldigen Kindern.
Die zurückliegenden Juliwochen zeigten Juden und mit ihnen Solidarische eine Stimmung, wie sie Rosa Luxemburg für die deutsch-nationale Erregung zu Beginn des Ersten Weltkriegs skizziert hatte: »eine Ritualmordatmosphäre (…), in der der Schutzmann an der Straßenecke der einzige Repräsentant der Menschenwürde war«. Nur brauchen heutzutage »Schutzmänner« und ihre vorgesetzten Stellen etwas länger, wenn die Situation »Schlüsselqualifikationen« wie »interkulturelle Kompetenz« erfordert. Wenn die Staatsanwaltschaft mehr als 24 Stunden benötige, um einzelne antisemitische Parolen als »volksverhetzend« zu qualifizieren, könne man von der Polizei auch kein schnelleres Handeln erwarten, sagte ein Sprecher der »Gewerkschaft der Polizei« im Berliner »Inforadio« am Morgen des diesjährigen al-Quds-Tags. Dieser Tag bot dann erneut Beispiele sprachlicher Integration. Den Teilnehmern war zuvor von Politik und Medien mitgeteilt worden, was geht und was nicht. Das hatten sie verstanden. Junge Männer hielten Schilder mit dem Porträt eines deutschen Großschriftstellers in die Höhe, darauf ein einziger Satz: »Günter Grass hat gesagt, was gesagt werden musste.« Erfolgreiche Erschließung eines komplexen Textes! Grass hatte vor zwei Jahren ein antisemitisches Pamphlet, »Was gesagt werden muss«, veröffentlicht und von einem israelischen Atomschlag phantasiert, »der das iranische Volk auslöschen könnte«. Völlig integriert auch die zentrale Parole an der Spitze des Aufzugs: »Es gibt keinen schlimmeren Antisemitismus als den Zionismus.« Klartext: Die Juden wollen es nicht anders. Das ging durch. Und um das mitunter skandierte »Israel vergasen« zu überhören, brauchten deutsche »Schutzmänner« nicht mal Ohropax.