Die Debatte um Waffenlieferungen an die irakischen Kurden

Waffenexport muss sein

Deutsche Regierungspolitiker begrüßen zwar die Militärschläge der USA gegen die Terrortruppen des »Islamischen Staates«, lehnen Waffenlieferungen an die Kurden aber ab.

Lange hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Lage im Irak geschwiegen, bis er sich am Wochenende schließlich doch zu Wort meldete. »Das Vorgehen des Isis-Terrorregimes übersteigt alles, was wir bisher an Schreckensszenarien in der Region kannten«, sagte er. Deshalb unterstütze die Bundesregierung »das gezielte Eingreifen der USA«. Den Hunderttausenden, die sich auf der Flucht vor den Terroristen befänden, »müssen wir helfen«, so Steinmeier weiter. Für Nothilfe habe man daher »weitere 1,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt«. Klar sei jedoch, »dass der Schlüssel für einen stabilen Irak langfristig nur in einer Verständigung zwischen den politischen Kräften und in einer handlungsfähigen Regierung liegen kann, die alle Bevölkerungsgruppen repräsentiert«. Mit anderen Worten: Der deutsche Außenminister bedauert die Situation im Irak zwar, aber außer ein bisschen Geld, guten Absichten und besten Wünschen für die Zukunft hat er nichts anzubieten.
Andere deutsche Politiker äußern sich ähnlich. Norbert Röttgen (CDU) beispielsweise, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, und Rolf Mützenich, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, halten die amerikanischen Militärschläge zwar ebenfalls für richtig, flüchten sich ansonsten aber in die gleichen unverbindlichen Allgemeinplätze wie Steinmeier. Waffenlieferungen an die kurdischen Rebellen lehnen sie ab, weil das »in keiner Hinsicht einen Beitrag zur Lösung des Konflikts leisten würde« (Röttgen) und »im Irak kein Mangel an Kriegsgerät herrscht, sondern ein Mangel an politischen Initiativen« (Mützenich). Außerdem dürfe Deutschland kein Kriegsgerät in Kampfgebiete liefern. Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann dagegen befürwortet eine Militärhilfe entschieden. Die Isis-Truppen hätten massenweise Waffendepots und gepanzerte Fahrzeuge erobert, sagte er. »Und da können die Kurden nicht mit Jagdflinten dagegenhalten, sondern wir müssen sie mit besseren Waffen ausstatten.«
Da hat Wellmann Recht. Selbstverständlich muss es das Ziel sein, der Terrortruppe IS den Boden zu entziehen und den Irak zu stabilisieren. Doch dieses Ziel bleibt unerreichbar sein, wenn man sich dabei auf die instabile irakische Zentralregierung verlässt und die kurdischen Peshmerga keine Unterstützung in Form von Waffenlieferungen im Kampf gegen den mit schweren Waffen ausgerüsteten »Islamischen Staat« erhalten. »Im Nahen Osten gibt es auf absehbare Zeit nicht viele Kräfte, mit denen Demokratie zu machen ist«, schrieb Deniz Yücel in einem Kommentar in der Taz. »Die Kurden gehören dazu.« Verglichen mit den Nachbarstaaten sei die Autonome Region Kurdistan kein failed state und zudem »weniger repressiv und einigermaßen säkular«. Wer da mit dem Argument kommt, Waffenlieferungen an die Kurden beförderten bloß die »Gewaltspirale«, hilft den IS-Terroristen bei der Errichtung ihres ersehnten islamischen Gottesstaates.
Unbedingt zu begrüßen ist dagegen Röttgens Vorschlag, den im Irak »um ihr Leben rennenden Menschen in Deutschland Zuflucht zu gewähren«. Man sollte ihn beim Wort nehmen und täglich daran erinnern.