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Die Abende sind mittlerweile herbstlich kühl geworden und die Nächte geradezu kalt. Die Stadt ist nicht mehr sommerleer, auf dem Schulhof nebenan ertönt seit kurzem wieder der wohlvertraute Pausengong und die Schul-Big-Band orchestriert mit ihrem scheppernden Blechsound endlich wieder den Redaktionsalltag. Nur in unserem kleinen Dschungel widersetzt man sich immer noch hartnäckig dem Rhythmus und der Routine, die zurückkehren, wenn der Sommer vorbei ist. Schon die Urlaubsziele derjenigen Redakteure, die an die Ferienzeiten von Schulen und Kitas gebunden sind, waren in diesem Jahr ungewöhnlich. Ein Kollege bestritt eine vierwöchige Deutschland-Reise, um Fachwerk in Celle, die Schwebebahn in Wuppertal und zahlreiche Campingplätze in Süddeutschland zu besichtigen. Jetzt kennt er viele nette Menschen aus Holland und weiß, dass es Vegetarier südlich von Hessen kulinarisch schwer haben, aber in Leipzig mit einem Schlemmerparadies belohnt werden. Eine andere Kollegin reiste auf die Azoren, die sämtliche Redaktionsmitglieder bisher nur aus dem Wetterbericht kannten. Und wenn man schon vom Wetter spricht, sollte man über die Ökobilanz nicht schweigen. Eine Autofahrt durch Deutschland, ein Flug auf eine Atlantikinsel – das ist nicht wirklich vorbildlich, aber auch noch nicht dramatisch. Nun ist ein Kollege auf dem Weg nach Katar, diese Reise in einen Wüstenstaat verschlechtert unsere Ökobilanz leider immens. Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass der Trip in die Golfmonarchie hehren Zwecken dient und sich der Kollege dort nur aufhält, um herauszufinden, aus welchen Quellen die Spenden für die Terrorgruppe IS fließen. Trotzdem waren wir sehr erleichtert, dass sich ein anderer Kollege angesichts der Flugmeilen, die bei dieser aufwendigen Recherche gesammelt werden, spontan bereit erklärte, für seinen Urlaub auf sämtliche Treibhausgas produzierenden Transportmittel zu verzichten. Pünktlich nach Redaktionsschluss stieg er auf sein altes Fahrrad, um damit nach Prag zu radeln. Aus ökologischen Gründen wollte er nicht einmal eine Regenausrüstung mitnehmen, wegen der zahlreichen Chemikalien, die bei der Produktion von Outdoorkleidung zum Einsatz kommen. Diese Konsequenz fanden wir wirklich beeindruckend, allerdings fürchten wir nun, dass sich sein Urlaub etwas strapaziös gestalten könnte. Immerhin hat er mit seinem mutigen Schritt dafür gesorgt, dass sich die Redakteure, die in diesem Sommer gar keinen Urlaub gemacht haben, besser fühlen – nicht nur wegen ihres Beitrags zur Verbesserung der Ökobilanz.

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Strahlende Verwirrung. Einem Teilgebiet des Selous Game Reserve in Tansania wurde bereits 2012 der Status als »Weltnaturerbe« entzogen, Umweltverträglichkeitsprüfungen sind nicht per Verfassung nicht vorgesehen, sondern einfach nur selten öffentlich einsichtig, und Uran wird zwar ausgewaschen, aber nicht flüssig transportiert. (Interview S. 20, Jungle World 34/2014)